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Little Lake-Maid

PFINGSTFESTSPIELE / LA DONNA DEL LAGO

05/06/17 Und am Ende auch am Abend des Pfingstmontag: ein „Happy Birthday“ für Cecilia, in das die Zuhörer-Tausendschaft im Haus für Mozart einstimmte. Kommt man sich da nicht wie ein Spaßverderber vor mit dem kleinen, bescheidenen Hinweis, dass die konzertante Aufführung von Rossinis Rarität „La donna del lago“ zuvor doch nicht ausschließlich Glückshormone hat wecken können?

Von Reinhard Kriechbaum

Dass Cecilia Bartoli „La donna del lago“ gern mag, das überrascht nicht. Es gibt kaum ein für eine einzige Sängerin dankbareres Finale einer Belcanto-Oper: Aller ungeliebtenr Bewerber hat sich Elena, die Little Lake-Maid, entledigt (es waren derer drei). Dank eines großzügigen Königs kriegt sie den, den sie von Anfang an geliebt hat. Und der Vater, wiewohl politischer Gegner des siegreichen Potentaten, wird auch noch begnadigt. Also: Felicità, felicità, felicità... Das Schmunzeln kann man sich nicht verkneifen, wenn die (Jung-)Frau vom See mit einem Übermaß an Koloraturen in diesem gut fünfminütigen Final-Rondo mit Chor davon singt, dass ihr Schweigen für sich und ihre Dankbarkeit sprechen möge.

Wir kennen die Bartoli, brauchen weder ihre stupende Triller- und Fioriturengeläufigkeit extra herauszustreichen, noch die mit beeindruckendem „Körpergefühl“ ausgekostete Tessitura. Dass sie in einer so ausufernden Soloszene, von keinem Dirigenten gebremst, ordentlich ausholt, versteht sich eigentlich von selbst: Künstlerische Übergröße muss sich manchmal Luft machen. Tanti affetti in tal momento!

Der Übergröße stand allerdings eine bemerkenswerte Untergröße gegenüber: Der Dirigent Gianluca Capuano ist wahrscheinlich der goldrichtige Handwerker, um ein neues Originalklangensemble aufzubauen. „Les Musiciens du Prince – Monaco“ entsprechen, was die Spieltechnik anlangt, dem heutzutage in der Szene der Alten Musik international üblichen Level. Der umtriebige Gianluca Capuano hält diese Schar bei der Stange. Aus einem fast lückenlos hochkarätigen Sängerensemble, wie es hier zur Verfügung stand, eine stringente Oper zu machen: Dazu brauchte es freilich viel mehr als gekonnte Kapellmeisterei. Gerade „La donna del lago“, ein Werk, das sich nicht durchgesetzt hat, verlangt nach dramaturgischer Schubkraft. Ehrenhaft für Capuano, den neuen pfingstlichen „Ariodante“ zu dirigieren und auch noch diese Oper drüber zu streuen – aber da wird ein noch junger Dirigent vom fordernden Betrieb gnadenlos verheizt.

So ist also zu erzählen von einer konzertanten Aufführung, in der das Orchester im Graben blieb, wörtlich und in übertragenem Sinn, klanglich immer ein wenig unterbelichtet, jedenfalls ohne Spur von eigenem Timbre. Und die Tempi waren mehrheitlich, sagen wir es positiv: nachgiebig. Das wirkt sich zwar fördernd für alles vokale Zierwerk in den Stimmen aus, aber zwischen Rücksichtnahme und Verschlafenheit, ja: verschlurften Tempi ist ein schmaler Grat. „La donna del lago“ könnte und müsste, gerade weil Rossini in dem 1819 geschriebenen Werk der Buffo-Schnurre entsagte und sich in Richtung musikalischer Romantik vortastete, interessanter und an Zwischentönen reicher daherkommen. Im zweiten Akt macht Elena dem inkognito um sie werbenden König klar, dass er höchstens als Freund, nicht als Geliebter in Frage käme. Nicht nur diese emotionale Szene war im Tempo krass verhatscht.

Mangels Führungskraft hat sich an diesem Abend alles mehr oder weniger in konzentrischen Kreisen um die Bartoli bewegt. Oh ja: Edgardo Rocha ist ein höhenkräftiger, geschmeidiger Uberto (so nennt sich König Giacomo undercover auf seiner amourösen See-Tour). Den kann man herzeigen. Leider gilt das ganz und gar nicht für den Fachkollegen Norman Reinhardt, der zwar lyrische Qualitäten vorzuweisen hat, aber als Rodrigo, einer echten Haudegen-Rolle, einfach zu wenig Attacke und viel zu wenig Höhensicherheit anzubieten hat. Ein Totalausfall.

Nathan Berg als Douglas, politischer Kontrahent des Königs, führt eine gefährlich-geschmeidige Tiefe ins Treffen. Malcolm ist der Herzbube der Frau am See. Die beeindruckende Mezzosopranistin Vivica Genaux ist eine musikalisch hoch interessante Ergänzung zur Bartoli: Beider Spezialität ist ja, in der tiefen Lage mächtig was zu bieten. In der Brillanz der Koloraturen macht Vivica Genaux der Bartoli fast Konkurrenz. Ein starker Charakter.

Festspielwürdig besetzt die kleinen Rollen der Albina (Aura Verena Incko), des Serano (Reinaldo Macias) und des Stichwortbringers Bertram (Daniel Giulianini). Der Salzburger Bachchor fand lohnende Aufgaben, aber gerade in den Chorszenen ist dem Dirigenten nicht viel anderes eingefallen als eine trocken-schneidiger Zugriff. Da war das Untertauchen des Orchesters im Graben besonders defizitär.

Bilder: Salzburger Festspiele / Marco Borrelli

 

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