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Lautstarke Aufwallungen

WIENER SAAL / CUARTETO CASALS

28/02/13 Für das Cuarteto Casals ist der Wiener Saal eindeutig zu klein. Sowohl, was den Andrang des Publikums, als auch, was die Spielweise des spanischen Weltklasse-Streichquartetts betrifft.

Von Gottfried Franz Kasparek

Es ist erfreulich, dass mit Kammermusik wieder Säle zu füllen sind. Natürlich, ein Franz Schubert gewidmeter Abend lockt mehr Menschen an als ein Raritätenprogramm. Obwohl der erste Teil des Konzerts am Dienstag (26.2.) Stücke brachte, die nicht zum Standardrepertoire der Streichquartette zählen. Dies ist schade, denn die so genannten „frühen“ Schubert-Quartette stecken voll erfrischender Freude am Experiment, unverwechselbarer melodischer Qualität und, nicht zuletzt, wienerischem Tonfall. Dass dem genialen, doch auf der Suche befindlichen Jugendlichen etliche Sätze eher langatmig als himmlisch lang geraten sind, dass die Vorbilder Mozart und Haydn überdeutlich hinter manchen Themen hervorlugen, dass die Führung der Instrumente mitunter unbeholfen wirkt, lässt sich freilich nicht verleugnen.

Vera Martinez und Abel Tomàs, die einander am ersten Geigenpult abwechselten, der aus alten Camerata-Tagen bekannte Bratschist Jonathan Brown und Cellist Arnau Tomàs ergeben ein homogenes Ensemble, welches man sehr gerne im Großen Saal gehört hätte, denn in der Wohnzimmer-Akustik des Wiener Saals knallten einem die Quartette D 94 und D 68 gehörig um die Ohren. Auch wenn die Werke anno 1811 und 1813 in Wohnzimmern gespielt wurden – allein die Darmsaiten von damals erklären den Unterschied. Das Casals-Quartett spielte beide Stücke brillant, sachlich, ohne überflüssige Romantizismen, alles Kantig-Moderne betonend, aber völlig charmefrei und viel zu laut. Das ist, mit Verlaub, Musik aus demselben Biotop wie die Tänze Josef Lanners. Und verlangte jene doppelbödige Sensibilität, die Lust und Wehmut vereinen kann. Erfreulich, dass dies später, bei gleichfalls frühen Menuett-Zugaben, viel besser gelang.

Die zweifellos großen Qualitäten des Cuarteto Casals wurden nach der Pause im d-Moll-Quartett D 810 deutlich. Das reife Meisterstück birgt nicht mehr die Gefahren der ersten Quartettversuche und das Lokalkolorit ist ohnehin entweder verstörend zugespitzt oder radikal verinnerlicht. Auch wenn den Berichterstatter in den „Tod und das Mädchen“- Variationen schon mehr Intensität gepackt hat, war dies eine sorgfältig ausgemalte und atmosphärisch gut getroffene Interpretation. Die Stärken des Cuarteto Casals liegen allerdings stets in dramatischen Aufwallungen, die mitreißend artikuliert werden. So stand einem lautstarken Erfolg nichts mehr im Wege. Auf Wiedersehen im Großen Saal.

Bild: www.cuarteto-casals.com / Josep Molina

 

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