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Ahnung und Gewissheit

PHILHARMONIE SALZBURG / ELISABETH FUCHS

15/04/24 Anton Bruckners 200. Geburtstag ist zwar erst Anfang September zu begehen, gebürtige Oberösterreicherinnen wie Elisabeth Fuchs können auf ihn aber rechtens nicht früh genug verweisen. So am Samstag (13.4.) mit seiner Siebenten und einem Riesenaufgebot junger Salzburger Schulchöre für’s Te Deum.

Von Horst Reischenböck

Richard Strauss soll einmal in den USA auf eine Frage, Bruckner betreffend, zweideutig gesagt haben: „So komponieren bei uns Bauern.“ Schön, wenn’s immer so gewesen wäre! Er, der Bayer, musste es ja wissen... Zeitgenosse Hans Pfitzner konnte mit dessen Werken, die Scherzi ausgenommen, nichts anfangen!

Mit vierzig Jahren erst sozusagen „in das Metier“ eingestiegen, benötigte Bruckner insgesamt neun Anläufe, ehe er mit seiner E-dur-Sinfonie WAB 107 endlich lang ersehnte Anerkennung fand (es gibt zwei frühe Symphonien ohne Zählung). Nicht in Wien. Dort wurde noch immer dem Motto gehuldigt, könne man Meister Richard Wagner nichts auswischen, so möge es seinen Gefolgsmann treffen. Der Siegeszug begann deshalb vorerst in Leipzig unter Arthur Nikisch, der Bruckner auch zum lange in Frage gestellt da auf Extrablatt notierten C-Dur-Beckenschlag im Adagio veranlasste, und in München. Inzwischen wurde die Siebente eins seiner populärsten Werke, das längst offene Türen einrennt.

Wohl deshalb auch hat Elisabeth Fuchs sich für dieses Werk entschieden. Es war – wie das Konzert bestätigte – eine intensive Probenarbeit mit der Philharmonie Salzburg. Beginnend beim zarten Tremolo ins Allegro moderato, über dem die sonoren Celli ihre zwanzig Takte des Kopfthemas verbreiteten. Manche Tempo-Rückungen muteten vielleicht etwas krass an, wie der Kontrast vom ruhigen Fluss des Seitengedankens in den eigentlich nur „etwas belebend“ gedachten anschließenden tänzerischen Gestus. Ebenso der vorwärts stürmende Abschluss nach der „sehr feierlich“ ausgespielten letzten Episode, eine der bewegendsten Stellen in der symphonischen Literatur überhaupt. So als wollte Elisabeth Fuchs bewusst zuviel Emotion gegensteuern.

Nachdem die Tenor- und Basstuben eindrucksvoll die Klage um Wagners Tod georgelt hatten und sich im Scherzo Bruckner mit den Blechbläser-Fanfaren zum Rhythmus der galoppierenden Feuerwehr-Pferde seine Beklemmung wegen des Ringtheater-Brands in nächster Nähe von der Seele schrieb, trieb Elisabeth Fuchs ihr Orchester schwungvoll durchs Finale schon mehr als bloß „bewegt, doch nicht zu schnell“ in eine Stretta hinein.

Nur zwanzig Tage nach Abschluss der Partitur in St. Florian begann Bruckner die Arbeit an der Zweitfassung seines Te Deum WAB 45. Übrigens eine der wenigen Kompositionen, der Brahms, zu Bruckners Kontrahenten hochstilisiert, Anerkennung nicht versagte. Zum wirkungsvollen Einstieg in die Lobpreisung nach der Pause integrierte Fuchs dabei zusätzlich Mitglieder des Oberstufenorchesters und in ihren Chor der Philharmonie an die 110 Jugendliche vom Oberstufenchor des Mozart-Musikgymnasiums/Musischen Gymnasiums Salzburg, die solcherart Podiumsluft im Großen Festspielhaus schnuppern durften. Eine Anzahl, bei der die Wortverständlichkeit allerdings gelegentlich doch ins Hintertreffen geriet.

Nicht beim Solistenquartett, aus dem sich Bernhard Berchtolds schlanker Tenor über das ausgewogene Duo der Sopranistin Elisabeth Breuer und Christa Ratzenböcks Alt hob, während Rafael Fingerlos seinen profunden Bass erst später einbringen durfte. Bruckners eigene Gewissheit, er werde in Ewigkeit nicht zuschanden gehen, war ein würdiger, beeindruckender Schlusspunkt, an dem nach einer Instrumentalfassung die Chöre noch ihre piano-Kultur a capella im vierstimmigen Graduale Locus iste WAB 23 beweisen durften. Stürmischer Jubel.

Bilder: Philharmonie Salzburg / Erika Mayer

 

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