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Musikalische Ökumene

BACHGESELLSCHAFT / L’ORFEO BAROCKORCHSTER

16/10/23 Vor Jahren sang Virgil Hartinger in einem ähnlich gestalteten Programm in Dresden. Das ließ in ihm die Idee reifen, durch Trauermusiken von den Zeitgenossen Jan Dismas Zelenka und Johann Sebastian Bach seines vor drei Jahren verstorbenen Vaters Albert Hartinger zu gedenken. Er war der Gründer der Bachgesellschaft.

Von Horst Reischenböck

Nicht zuletzt Albert Hartinger war es zu verdanken, dass in der bis dahin kirchenmusikalisch rein katholisch bestimmten Stadt Salzburg Bach Fuß fassen konnte und auch neben dem Thomaskantor damals kaum zu hörende Werke anderer Komponisten aufgeführt wurden.

So auch am Freitag (14.10.) in der Großen Aula, als Zelenkas hoch espressives Requiem ZWV 46 das erste Mal hier zu erleben war, 320 Jahre nach seiner Uraufführung. Der gebürtige Böhme Zelenka wirkte vor allem in Dresden neben dem Opernkomponisten Johann Adolph Hasse. Er war primär für Sakralmusik zuständig.

Zelenka verband mit dem sechs Jahre jüngeren Bach freundschaftliche Beziehung, dennoch geriet er ihm gegenüber ins Hintertreffen. Dies, obwohl er auch den Instrumentalsektor um mit Hipocondrie betitelte, auffällige Beiträge bereicherte, die erst seit wenigen Jahrzehnten wieder gespielt werden. Als sein Dienstherr, der wegen Polens Krone konvertierte August der Starke starb, fiel jedenfalls Zelenka die Aufgabe zu, für die katholische Hofkirche im protestantischen Land die Musik zu den Trauerfeierlichkeiten zu schaffen.

Wie manche seiner Zeitgenossen komponierte Zelenka ein in Dur stehendes Requiem. D-Dur ist eine für Trompeter ideale Tonart: August war ja Schutzpatron ihrer Zunft, und ihr strahlender Glanz Ausdruck weltlicher wie göttlicher Herrschaft. Danach gestaltet sich das Geschehen intimer: Sopranistin Ekaterina Krasko trat im berührenden Christe-eleison in Dialog mit dem charakteristischen Chalumeau, aus dem dann die Klarinette hervorgehen sollte. Natürlich ist im Dies Irae nicht Mozartsche Dramatik zu erwarten: Die seelischen Erschütterungen breiten sich subtiler aus. Berührend auch das Duett zwischen Yosemeh Adjeis Alt und Tenor Virgil Hartinger.

Der vokale Teil war beim Collegium Vocale Salzburg wieder einmal bestens aufgehoben. Michael Schneider stand am Pult des L’Orfeo Barockorchesters. Das Klangspektrum der Originalinstrumente war im Bass-Bereich mit Lauten angereichert. Die Wiedergabe tat intensive Wirkung, man hätte eine Stecknadel fallen hören können.

Ähnlich bewegte danach Bachs mit zusätzlich zwei Violen da Gamba besetzte Trauer-Ode Laß Fürstin, laß noch einen Strahl BWV 198. Sie galt der sechs Jahre vor August dem Starken verstorbenen Christiane Eberhardine. Sie war im Gegensatz zu ihrem Gatten Protestantin geblieben. Für die Trauer-Ode hat Bach eine ansehnliche Entlohnung von zwölf Talern erhalten – und sie danach trotzdem mehrfach „geplündert“: Teile benutzte er für seine Markus-Passion und die Trauerkantate für Fürst Leopold von Anhalt-Köthen. Die ersten Takte des Eingangs-Chores finden sich in der Einleitung zum Kyrie der h-Moll-Messe. Über zeitbedingte Verse („Wie starb die Heldin so vergnügt!“) kann man bei solchen interpretatorischen Qualitäten leicht hinweg hören. Die Salzburger Bachgesellschaft bewies mit diesem nachhaltig bedenkens- und dankenswerten „Doppel-Requiem“ erneut ihren Rang unter den lokalen Konzertveranstaltern.

Bild: dpk-krie

 

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