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„ein bündlein voll ade“

FESTTAGE ALTER UND NEUER MUSIK (2)

10/10/23 Perfektion und Stilkundigkeit von Philipp Lamprecht und seiner handverlesenen Mitstreiter suchen ihresgleichen. Wie überhaupt das dreitägige Festival der Internationalen Paul Hofhaymer Gesellschaft Salzburg (von 6. bis 8. Oktober) für allerhöhste Qualität stand. Schade, dass es am Salzburger Publikum so völlig vorbei gegangen ist.

Von Reinhard Kriechbaum

Ein Festival für geschätzte 25 Freaks, das ist verschenkt, aber Salzburger Realität. Der Oktober, in dem die lokale Kultur jedes Jahr vehement losbricht nach der Sommerpause, ist denkbar ungeeignet für eine so ehrgeizige und auch spezielle Unternehmung dieser Art. Gar nur ein knappes Dutzend Zuhörer kam am Sonntag (8.10.) Vormittag in die Berchtoldvilla, wo ein ambitioniertes junges Frauentrio aus Basel Musik aus dem Buxheimer Orgelbuch aus dem 15. Jahrhundert und eine Uraufführung eines Stücks von Alexander Bauer hören ließ.Die Mitglieder des Ensembles Siderea Musica studieren an der Schola Cantorum, also quasi im Mekka der Alten Musik. Hufnagelnoten auf bis zu sieben Linien, in Verbindung mit Tabulatur-Buchstaben, die Orgelspieler damals zu entziffern wussten... Sehr sinnlich wurden diese frühesten schriftlich fixierten Instrumentalstücke (1460/70) im deutschsprachigen Raum auf Traversflöte, Harfe und Organetto umgesetzt. Die Harfenistin ist auch eine hervorragende Sängerin.

Alexander Bauer hat für dieses Instrumentarium ein fein gesponnenes, fast gehaucht wirkendes Cluster-Kontinuum erdacht, aus dem sich immer wieder Obertöne als Mikro-Impulse herauslösen wie Beinahe-Melodien. Sie verflüchtigen sich, noch bevor sie Bodenhaftung finden. Sehr reizvoll.

Unter den sieben Konzerten war auch manch Zeitgenössisches. In einer Matinee am Samstag (7.10.) im Toihaus erlebte die Kantate der todt in seiner höhl... von Herbert Grassl seine Österreichische Erstaufführung. Was für musikalische Überhöhungen auf „jenseitige“ Texte von H C Artmann, die zwischen anschaulicher Expressivität und hintersinniger Poesie, zwischen krassen Bildern und sanfter Melancholie pendeln! Akkordeon, Blockflöten in allen Registern, Cello und Schlagwerk geben ein entsprechend auf- und ausgereiztes Klangspektrum ab. Aber so divergent diese Instrumentalfarben anmuten mögen, amalgamieren sie auch auf oft wundersame Weise, der Blockflöten-Subbass mit dem Cello beispielsweise. Jeder der 25 Alexandriner samt Prolog und Epilog gewinnt so seinen je eigenen idiomatisch überzeugenden Ausdruck. Wilfried Zelinka (Bariton) war der Interpret, der die dichten Texte eindringlich, aber zugleich unaufdringlich zu übermitteln wusste, sehr präzise in der Artikulation.

Das war aber nicht das einzige Highlight an diesem Vormittag, denn interpoliert in Grassls Kantate waren einige „Klassiker“ für Soloinstrumente, von Rebecca Saunders (Of Waters Making Moan für Akkordeon), Georges Aperghis (Graffiti für einen auch mundwerklich gewandten Schlagzeuger) und Luciano Berios Gesti für Blockflöte. Anne-Suse Enßle hat dieses legendäre Stück aus dem Jahr 1966 umgesetzt, als sei es eine geradezu spielerische Angelegenheit. Auch eine Besonderheit dieses Festivals: Die Interpreten sind nicht allein in der Alten Musik unterwegs.

Das nächste Festival der Internationalen Paul Hofhaymer Gesellschaft Salzburg wird von 10. bis 13.Oktober 2024 stattfinden – www.hofhaymer-society.at
Bilder: www.hofhaymer-society.at (1); dpk-krie (1)

 

 

 

 

 

 

 

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