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Der Kanari tanzt polnisch

BACHGESELLSCHAFT / TELEMANIA

20/11/17 Ein „Canarin“ ist ein Kanarienvogel. Der grausame Tod seines Vögleins führte den trauernden Komponisten Georg Philipp Telemann zu einer gar köstlichen, etwas skurrilen Kantate. ie „Telemania“ der Bachgesellschaft vermittelte am Samstag (18.11.) in der Großen Aula das reinste Vergnügen und allerlei Erhellendes über einen barocken Großmeister, der hierzulande noch immer ein wenig im Schatten J.S. Bachs steht.

Von Gottfried Franz Kasparek

Barock? Oder doch schon Musik des Übergangs? Der langlebige Georg Philipp Telemann starb zwar mit 86 Jahren, als Joseph Haydn schon Kapellmeister in Eisenstadt und der elfjährige Mozart auch schon ganz klassisch unterwegs war, aber zweifellos ist der Magdeburger Musiker mit langer Dienstzeit in Hamburg noch dem Barock zuzuordnen. So innovativ er auch war. So sehr in seinen Spätwerken – von denen diesmal keines erklang – schon Haydn und Gluck vor der Tür stehen. Ein Oeuvre von sagenhaften dreieinhalbtausend Stücken hat der fleißige und rüstige Tonsetzer hinterlassen. „Singen ist ein Fundament zur Music in allen Dingen“ erkannte er schon anno 1718.

Gesungen wurde an diesem Abend auch, frisch uns fröhlich von der feinen lyrischen Sopranistin Maria Ladurner, welche die „Trauermusik eines kunsterfahrenen Canarienvogels“ mit Gusto zu Gehör brachte. Wohl eine Stück Autobiographie des Tierfreunds Telemann, der leider den Fehler begangen hatte, seine Katze allzu nahe an den gefiederten Sänger heran zu lassen. Der grausame Tod des Vögleins führte den trauernden Komponisten zu einer gar köstlichen, etwas skurrilen Kantate, auf einen eigenen Text. Die Beschimpfung des Stubentigers kulminiert in einer plattdeutschen Strophe. Da Maria Ladurner das Tirolerische leichter von der Zunge geht, entstehen da witzige Kontraste zu einer Musik, die hörbar von nördlicherer Sprachmelodie inspiriert ist.

Dass der stets neugierige Telemann, in jungen Jahren in Polen unterwegs, den großen Zauber slawischer Seele und Tanzeslust erkannte, ist bekannt. „Man sollte kaum glauben, was dergleichen Bockpfeifer oder Geiger für wunderbare Einfälle haben, wenn sie, so oft die Tantzenden ruhen, fantasieren“, schreib er. Im Presto-Finale seines Concertos für Travers- und Blockflöte erinnerte er sich besonders herrlich daran. Was Ashley Solomon und Dorothee Oberlinger hier gleich zweimal, vor der Pause und als Zugabe, mit den vereinigten Barockensembles der Universität Mozarteum und des Londoner Royal College of Music aus der genialen Partitur holten, sorgte für berechtigten Jubel. Telemann war also der eigentliche Erfinder der „Slawischen Tänze“ späterer Zeiten!

Telemann mischte auch alle musikalischen Schulen Europas zu höchst vergnüglichen Cocktails, wie die lebendigen, dabei sorgfältig geschliffenen Interpretationen eines Septetts, eines „Pariser Quartetts“ und des schon heftig die „Sinfonia concertante“ beschwörenden Concertos für Flöte, Violine, Cello, Striecher und B.c. aus der Tafelmusik von 1737 eindrucksvoll bewiesen. Die jungen Musikerinnen und Musiker unter der Leitung von Oberlinger & Solomon spielten all das mit Herz und Verstand und meist so „singend“, dass Telemann wohl seine helle Freude daran gehabt hätte.

Die Aula ist ein geeigneter Raum für Originalklang. Die banale Garagentor-Rückwand wurde von drei schwarz-rot-goldenen Fahnen den Künstlers Karl Hartwig Kaltner stimmungsvoll verhängt. Leider nur für Konzerte der Bachgesellschaft, war zu hören. Um Weiterbestand wird dringend gebeten! 

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