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Die Erlösung im Wohnzimmer

CHRISTUSKIRCHE / MESSIAS

16/11/16 Wie viele Halleluja-Engel braucht's eigentlich für den „Messias“? Nicht jede himmlische Dramaturgie sieht einen Massenauflauf vor. In der Christuskirche konnte man jüngst erleben, dass auch vier Engel gehörig Effekt machen, aufs Erste jedenfalls.

Von Reinhard Kriechbaum

Gordon Safari, der mit seinem Zyklus „Bach Werk Vokal“ Monat um Monat respektable Kantatenaufführungen auf die Beine bringt, hat sich vorwiegend unter jungen Salzburger Sängern und Instrumentalisten umgesehen und Resourcen sondiert. So hat er für sein Unternehmen, für das sich anfangs durchaus der Gedanke an Größenwahnsinn aufdrängte, in gut anderthalb Jahren eine stabile Gruppe von einsatzbereiten und leistungsstarken Musikerinnen und Musikern zusammen gebracht. Durch die Regelmäßigkeit der Arbeit sind sie sehr gut vertraut mit der Perspektive des evangelischen Diözesankantors, der auf rhetorische Lebendigkeit und kompromisslosem Originalklang zielt.

Mit solchen Leuten lässt sich Händels „Messias“ gut, ja sogar sehr gut machen. Und zwar auf eine Weise, wie man ihn sonst kaum einmal zu hören bekommt: Gordon Safari baut auf acht besonders routinierte Sängerinnen und Sänger für einen famosen Prinzipalchor, bei dem er sich auf reaktionsschnelle Einsätze und präzisen Klang verlassen kann. Bei den Bässen ist in Sachen Intonation gelegentlich noch Luft nach oben, aber insgesamt ist das eine Gruppe auf höchstem Niveau. Sogar die „Wunderful, Counsellor“-Rufe vertraut Gordon Safari der kleinen Schar an und verzichtet so auf billige Effekthascherei. Das berühmte „Halleluja“ lässt Gordon Safari überhaupt nur mit Vokalquartett beginnen! Zu dieser Vokalgruppe tritt dann – nicht unähnlich einem weiteren Registerzug an der Orgel – die zweite, größere, aber mit vierzehn Stimmen immer noch klein besetzte Chorgruppe.

Der Prinzipalchor steht im Halbkreis ums Orgel-Portativ, das Safari selbst bedient. Da stellt sich ein leichtes, flexibles, wortbezogenes Musizieren beinah wie von selbst ein. Wir bekommen den „Messias“ quasi in Wohnzimmerlautstärke. Zum puren Vergnügen wird es unter diesen Bedingungen, der sprechenden Artikulation nach zu lauschen. Gordon Safari hat diesbezüglich ein sehr präzises Klangbild vor Augen, das die Vokalisten und die reichhaltig besetzte Continuogruppe so gut wie immer einlösen. Den Geigen merkt man die Vertrautheit mit der Materie an, auch wenn das Handwerkliche dann noch nicht zu hundert Prozent rüberkommt.

Handverlesen die Solisten: Glücklich, wer die Sopran-Ansprüche auf Anna Elisabeth Hempel und Electra Lochhead verteilen kann, oder auf einen kernigen Tenor wie Alexander Hüttner bauen kann. Eine Klasse für sich ist der fulminant bewegliche, seine blendend fokussierende Stimme virtuos dem jeweiligen Ausdruck anpassende Bass Eliott Carlton Hines. Weil auch in der Chorgruppe so mancher Solist ist, ergibt sich die Möglichkeit, individuelle Vorzüge der Sängerinnen und Sänger herauszustellen, etwa das Duett „O Death, where is thy sting“ mit dem geschmeidig-leichten Countertenor Marcus Blöchl und dem dazu weich amalgamierenden Tenor Bernhard Teufl quasi zu kolorieren: Wo hat ein Dirgent schon eine solche Option?

Zum Porträt Gordon Safari
Bach – und nicht „Knäckebrotmusik“

Bild: www.gordonsafari.com

 

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