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Helle Tuben dröhnen: Friede auf Erden

MÜLLN / SALZBURGER BACHCHOR

24/10/16 Alois Glaßner schenkt seinem Chor nichts, wenn er ihn einmal im Jahr auf ein herausforderndes A-cappella-Programm trainiert: In dem Programm „In pace“ fand sich so manches Stück, um das Vokalisten ob des Anspruchs sonst einen weiten Bogen machen.

Von Reinhard Kriechbaum

Arnold Schönbergs „Friede auf Erden“ ist eines dieser Werke: eine machtvolle Anfüllung des (gerade noch) tonalen Raums, die in der Zeit seiner Entstehung sogar einen Harmonie-Ausreizer wie Max Reger alt aussehen ließ. Schönberg hat ein deftiges Gedicht von Conrad Ferdinand Meyer vertont, in dem die weihnachtliche Friedensbotschaft der Engel konterkariert wird mit dem Kriegsgetümmel, das die Menschen dessen ungeachtet seither entfachen. Den „Streit auf wildem Pferde“, die „freche Mordgebärde“ - das hat Schönberg mit ausufernder Chromatik illustriert. Meist behält man nur Wucht im Ohr von diesem 1907 entstandenen, kapitalen Zeitzeugnis für Chormusik des Fin de siècle – nicht so beim Salzburger Bachchor: Da wurde diese Musik auch auch in ihrer harmonischen Sinnlichkeit gefasst. Das Paradoxon dieses befremdlich martialischen Plädoyers für den Frieden – dröhnende „helle Tuben“ und gar „Flammenschwerter“ werden für den Ruf nach Befriedigung herbeizitiert – will ja nicht nur sauber gesungen, sondern auch inhaltlich bewältigt sein.

Im übrigen war das buntscheckige Programm zum Thema „Frieden“ nicht nur gespickt mit herausfordernd Schwierigem, sondern auch mit Süffigem: Arvo Pärts 2004 nach einem Terroranschlag in Madrid komponiertes „Da pacem“ genießt in Spanien Kultstatus, wird dort jedes Jahr zur Erinnerung aufgeführt. Dieses Stück steht für den „Glöckchen-Stil“. Pärts „Peace upon you, Jerusalem“ zeigt eine ganz andere Seite des estnischen Komponisten, der sich damit eher an die klangvolle Chorkultur skandinavischer Kollegen anlehnte.

Ein gewaltiger Chor-Schinken ist „My soul, there is a country“ von dem Engländer Hubert Parry (1848-1918), und auch die Brahms-Motette „Warum ist das Licht gegeben“ gehört zum eher Opulenteren für Singstimmen. Wunderbar, wie „fettlos“ der Salzburger Bachchor das umsetzt.

Das Programm „In Pace“ hat der Bachchor auch in Zell am See/Schüttdorf, Bad Hofgastein und Thalgau hören lassen. Auch eine Uraufführung gab's im Programm: „I wish fpr peace“ von Bernhard Jaretz: ein Stück mit vielen engen Harmonien und Reibungen, die aber wie mit dem Aquarellpinsel gemalt wirken – ein feines Chor-Tableau.

Eigentlich hätte es zum Programmheft eines Beipackzettels bedurft: Achtung, kann süchtig machen! Das gilt für die Programmzusammenstellung genau so wie für die Interpretation, die auf solchem Niveau derzeit in Österreich höchstens noch einem Ensemble, dem Wiener „Chorus sine nomine“ zuzutrauen wäre. Quasi im Nebenher (und in der Pfarrkirche Mülln auch vom Publikum nicht gerade gestürmt) setzt der Salzburger Bachchor also derzeit mit seinem A-cappella-Projekten Maßstäbe.

Bilder: www.salzburgerbachchor.at / wildbild

 

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