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Mal richtig gut zum Durch-Hören

FESTSPIELE / C-MOLL-MESSE

06/09/19 Bei allem Respekt vor der Aura des Ortes – der Stiftskirche St. Peter, wo Mozarts c-Moll-Messe seit 92 Jahren jedes Jahr zu den Festspielen aufgeführt wird: Es hat auch was, das Werk unter regulären akustischen Bedingungen im Konzertsaal zu hören.

Von Reinhard Kriechbaum

Noch dazu, wenn es in einer Neufassung zur Diskussion steht und ein kundiger Aufführungspraktiker wie Andrew Manze darüber wacht. Die Stiftskirche steht heuer ja nicht zur Verfügung, da sie gerade restauriert wird. So übersiedelte man mit der Traditionsaufführung – seit Jahren ist sie der Camerata Salzburg und dem Bachchor anvertraut – am Montag (5.8.) in den Großen Saal des Mozarteums. Diesmal war es mehr als Routine, eben weil Ulrich Leisinger, Wissenschaftlicher Leiter der Stiftung Mozarteum, eine neue Rekonstruktion der fragmentarisch überlieferten Messe gemacht hat, die zu dem Anlass das erste Mal in Salzburg zu hören war. Eine „Testaufführung“ dieser Werkfassung – immerhin unter der Leitung von Kent Nagano – hatte es schon im Frühjahr in der Hamburger Elbphilharmonie gegeben.

Wenn dem Zuhörer „nichts Besonderes“ auffallen würde, dann wäre das für ihn ein Kompliment, schreibt Leisinger mit einem gewissen Understatement im Programmheft. Tatsächlich läuft manches in der Neufassung auf kosmetischer Ebene. Aber dass dem einleitenden Credo-Chorsatz Trompeten und Pauken nun eine durchgehend leuchtende Klangkrone aufsetzen ist eben so wenig zu überhören, wie die  grundsäzlich überarbeitete Stimmführung in den achtstimmigen Hosanna-Fugen des Sanctus (siehe dazu den Hintergrundbericht).

Andrew Manze steht für aufführungspraktische Informiertheit, die dem Werk nur zugute kommen kann. Manze lässt den Chor im Credo die Worte et descendit de caelis herausstanzen als Klangrede anschaulichster Art: unüberhörbar erdige Schritte von Gott-Junior ins Mensch-Sein. Die trocken-heftig artikulierten Streicherakkorde im Qui tollis des Gloria fallen auch nur einem Dirigenten ein, der aus der Originalklangbewegung herausgewachsen ist. In der Konzertsaal-Akustik ganz wunderbar: Die munter angetauchten synkopischen Verkettungen der Solostimmen im Quoniam tu solus sanctus.

Einen besonderen Glücksgriff hat man mit Marianne Beate Kielland (Sopran II) getan. Das Laudamus te hat sie ur-launig umgesetzt, konturenstark artikulierend, auch mit Lyrismen blitzschnell präsent. Eine Sängerin mit solchem Charisma forderte die Kollegen - Carolyn Sampson (Sopran I) und Benjamin Bruns (Tenor) - durchaus heraus. Zu dritt gaben sie ein ausgewogenes Ensemble.

Der Bass – Douglas Williams – führt ja ein Mauerblümchen-Dasein, leider nicht nur in der c-Moll-Messe, sondern auch in Leopold Mozarts Lauretanischer Litanei Es-Dur (für Pedanten: LMV II:Es1). Es lag nahe, im Gedenkjahr – Leopold Mozart wurde 1719 geboren – ein Stück von ihm aufzuführen. Ob die Kombination mit der c-Moll-Messe klug war? Es wird einem da schon sehr bewusst, wie weit der Apfel vom Stamm gefallen ist. Aber immerhin: Leopold Mozart wusste, wie Musik für den Dom zu dimensionieren ist. Auch ohne jedes Aufflackern von Genialität ist es handfeste, raumfüllende Kirchenmusik. Wie viele Ora pro nobis-Bitten stecken eigentlich in einer solchen Litanei? 24 sind's allein in dieser Textfassung, mit komponierten Wiederholungen wird man schon auf über hundert Rufe kommen. Mit Hörnern und Posaunen macht das Werk schon was her, und wenn der Chor im solistischen Sancta Maria auf die Worte Virgo potens mächtig ausholt, verfehlt das die Wirkung nicht.

Für das Agnus Dei der Litanei wählte Leopold Mozart eine Alt-Posaune als Soloinstrument. Spezialisten für einen solchen Part waren auch damals rar. Als der Musiker, für den diese barbarisch heikle Stimme geschrieben wurde, aus der Hofkapelle ausschied, wählte Leopold Mozart als Soloinstrument eine Bratsche und Sohn Wolfgang Amadé vertraute sie später einer Oboe an. So pragmatisch ging man damals vor.

Das Konzert am Montag (7.8.) hat man mit Orgelmusik (Adagio und Allegro f-Moll KV 549) eingeleitet, , im Gedenken an den vor zwei Monaten verstorbenen Herbert Batliner, dessen Pro-homines-Stiftung die Orgel im Großen Saal des Mozarteum finanzierte und ihr den Namen gab. Hannfried Lucke hat dieses Stück für ein Orgelwerk in einer Uhr gespielt und recht fingerfertig in Schwung gehalten: Solche mechanische Spielwerke liefen damals, wie man weiß, ja ziemlich schnell.

Hörfunkübertragung am 18. August um 11.03 Uhr in Ö1
Bilder: SF / Marco Borrelli
Zur Hintergrund-Geschichte Die Posaunen lügen nicht

 

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