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Manches muss dazu geschenkt werden

FESTSPIELE / RÜCKBLICK

28/08/18 „Wir können nicht den Syrienkrieg beenden oder die Migrationsfrage lösen.“ Kein wohlhabender Münchner Rechtsanwalt werde religiöser Erweckung nach dem „Jedermann“ wegen seine Villa verkaufen. „Aber wir können eine Erziehung des Herzens anstreben mit den Mitteln der Festspiele“, sagte Festspielintendant Markus Hinterhäuser heute Dienstag (28.8.). beim Pressegespräch zu den Festspielen 2018.

Von Heidemarie Klabacher

„Das, was in der Kunst eingeschrieben ist, aus vergangen Zeiten in unsere Welt zu transportieren“, sei eine der Aufgabe der Festspiele. Eine andere „In sechs Wochen eine so große Zahl von Künstlerinnen und Künstlern aus der ganzen Welt zu versammeln und gemeinsam Produktionen entstehen zu lassen.“ Das Gelingen dieses Zustandes übertrage sich auch auf das Publikum. „Wir haben die Sympathie stark gespürt“, sagt Markus Hinterhäuser (die Zahlen sprechen für sich) und betont zugleich: „Wir sind nicht aufgerufen, allen zu gefallen.“

„Die Festspiele wurden nach dem Ersten Weltkrieg als Friedensfestival ersonnen und haben daher immer auch eine politische Dimension. Wir wollen mit unseren Produktionen Fragen anregen, die über das Tagespolitische hinausgehen.“ Und: „Es braucht die Fähigkeit, Produktionen nicht nur herzustellen, das können wir. Es geht noch viel mehr darum, Produktionen entstehen zu lassen. Das braucht Begleitung, engagiert, empathisch, diskret.“. Zwei Schlüssel-Statements von Präsidentin Helga Rabl-Stadler und Intendant Markus Hinterhäuser.

„In Salzburg wird man besser“, habe die Sopranistin Asmik Grigorian, die gefeierte Salome dieser Festspiele, gestern Montag (27.8.) nach der letzten Vorstellung zu ihm gesagt, erzählte Hinterhäuser, für den diese Sängerin „die Stimme dieses Sommers“ war (wie im Vorjahr Marianne Crebassa). Er glaube, so Hinterhäuser, „dass uns mit dieser Salome etwas gelungen ist, das tief in die Rezeptionsgeschichte der Oper eingehen wird“.

Nicht nur die „Salome“ von Regisseur Romeo Castellucci war „mehr“ als nur ein gelungener Opernabend, der mit einem elegantem Nachtmahl gekrönt wird. Das gilt in ebenso hohem Maße für Jan Lauwers durchaus radikale Inszenierung von „L’ incoronazione di Poppea“, die von den Sängerinnen ein hohes Maß an Vertrauen die Regie verlangt haben wird. Die Sopranistin Sonya Yoncheva, die Poppea, sprach im Terrassentalk davon, wie sie im Laufe der Probenarbeit gelernt habe, etwa das gemeinsame warm-up mit den Tänzern zu genießen: „Wir schwitzen zusammen, werden schmutzig, bewegen uns zusammen auf der Bühne, das war für uns Sänger am Anfang etwas unangenehm, weil wir so etwas nicht kannten.“ Dass sie und Sopran-Kollegin Kate Lindsey sich darauf eingelassen haben, zeugt von großem Vertrauen, sich auf etwas ein- und damit also neues entstehen zu lassen.

Nicht nur in der Oper, besonders auch im Konzertprogramm von Florian Wiegand, war – besonders am Beginn in der Ouverture spirituelle, letztlich aber bis in die Programme der Gastorchester hinein – dieser Wille spürbar, etwas „entstehen“ zu lassen, das größer ist, als die Summe der Teile. Und wie groß waren allein schon die „Teile“, begonnen mit der „Lukaspassion“ von Krzysztof Penderecki. Von hier aus entrollen sich erste dramaturgische Fäden, die sich weit ins Programm hineinziehen sollten. Beethovens Oratorium „Christus am Ölberge“, Franz Liszts „Kreuzweg“, der Stummfilm „La passion de Jeanne d’Arc“ – um nur einige der ersten Programmpunkte zum Thema „Passion“ aufzuzählen – verbanden sich alsbald zu einem dramaturgischem Geflecht feinster Bezügen, das von Tag zu Tag hat erneut staunen lassen, wie etwa die Wiederkehr des Passionsthemas in den „Rosenkranzsonaten“. Einen zentralen „Roten Faden“ zog etwa der Pianist Igor Levitt durch das Programm, vom Klavierpart in Liszts „Via Crucis“ über sein eigens Solistenkonzert bis hin zum gemeinsamen Auftritt mit den Wiener Philharmonikern unter Franz Welser-Möst und Henzes „Tristan-Preludes“. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich mit „Henze und The Basserids“ längst eine weitere dramaturgische Linie entwickelt, die von der Oper über das Konzert bis ins Schauspielprogramm – Lesung aus dem Briefwechsel Bachmann-Henze – zum dichten Gewebe geworden war.

Bild: Salzburger Festspiele / Anne Zeuner
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