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Muss man sich schämen für den Namenspatron?

HINTERGRUND / TOBI-REISER-PREIS

02/10/13 Mit gemischten Gefühlen mag mancher hören, dass der Verein der Freunde des Salzburger Adventsingens beschlossen hat, den Tobi-Reiser-Preis auszusetzen. Klar: Eine Ehrung im Namen eines Mannes, der es in Nazi-Zeiten zu Ehren und Ansehen gebracht und mit dem Regime kooperiert hat, ist im Sinne der political correctness höchst zweifelhaft.

Von Reinhard Kriechbaum

012Andrerseits: Gerade bei der Vergabe des Tobi-Reiser-Preises hat man immer viel Fingerspitzengefühl und sogar eine gerüttelt Portion Wagemut bewiesen. Nicht nur Susanne Bisovsky, die urbane Dirndl-Designerin, als letzte Preisträgerin beweist, dass man sich bei der Vergabe der Auszeichnung sehr viel Gedanken um die Volkskultur, ihren Stellenwert und ihre Wege in die Zukunft gemacht hat. Nie hat ein dezidiert „Gestriger“ den Tobi-Reiser-Preis bekommen. Abgelehnt hat ihn unseren Wissens auch niemand.

Insofern verwundert es ein wenig, dass man sich nicht einfach neu orientiert, dem Preis signalhaft einen neuen Namen gibt. Tatsächlich ist es jetzt so, dass jede Erwähnung des Namens Tobi Reiser zwangsläufig in eine Geschichtsdiskussion mündet. Den bisherigen und künftigen Preisträgern ist das tatsächlich nicht zuzumuten.

Zitiert aus der Presseaussendung des Vereins der Freunde des Salzburger Adventsingens von heute Dienstag (2.10.): Der Verein, der die Auszeichnung seit zwanzig Jahren vergibt, sei „selbstverständlich bereit, sich bei einem Projekt historischer Aufarbeitung dieser Causa mit zu engagieren. Da Tobi Reiser jedoch eine Persönlichkeit öffentlichen Interesses war und nach wie vor ist, kann eine Untersuchung und Beurteilung unserer Meinung nach nur gemeinsam mit dem Land Salzburg durchgeführt werden“. Man wolle Landeshauptmann Wilfried Haslauer und Kultur-Landesrat Heinrich Schellhorn „Überlegungen zu einer gemeinsamen Vorgehensweise unterbreiten“.

In der Presseerklärung klingt an, dass der Verein der Freunde des Adventsingens erst zu überzeugen wäre von Tobi Reisers Aktivitäten im Dritten Reich: „Obwohl die Volkskunde und Brauchtumspflege im Nationalsozialismus in Salzburg mit den damals agierenden Personen bei Symposien und mit Dokumentationen umfassend betrachtet und aufgearbeitet wurde, scheint die politische Geschichte von Tobi Reiser in seinen Zeiten noch nicht ganz fertig geschrieben zu sein.“

Bis vor kurzem gab es ja eine weitere volkskulturelle Auszeichnung mit mehr als anfechtbarer Namensgebung: Die „Kuno Brandauer-Medaille“, die höchste Auszeichnung der Salzburger Landesverbände, wird seit dem Vorjahr nicht mehr vergeben. Darauf hatten sich die Obleute der volkskulturellen Verbände 2011 geeinigt – nach Presseberichten und der Aufforderung der damaligen Volkskultur-Referentin Tina Widmann.

Bild: Archiv
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