Im Römersteinbruch tanzt man Flamenco
REST DER WELT / ST.MARGARETHEN / CARMEN
01/08/12 War vor Jahren noch Verona das Ziel der meisten österreichischer Opern-Openair-Besucher, so hat sich die geographische Richtung geändert. St. Margarethen zieht wie ein Magnet die Massen an. Bizets Carmen passt wie kaum eine andere Oper in das Ambiente des Römersteinbruchs.
Von Wolfgang Stern
Eigentlich ein Glücksfall für den Veranstalter, dass Manfred Waba seit mehr als zehn Jahren Bühnenbildner der Opernfestspiele St. Margarethen ist. Ihm liegt das Traditionelle, das für alle – etliche Besucher kommen doch zum ersten Mal mit dem Metier Oper in Berührung – verständlich sein soll. So ist die diesjährige Carmen natürlich in Sevilla angelegt, Elemente der Stadt werden in einen Teil der Arena eingefügt. Mit technischen Rafffinessen können Bühnenteile gedreht und geschoben werden. St. Margarethen neigt zum Spektakel und vermag damit zu begeistern.
obert Herzl ist ein alter Haudegen im Regiegeschäft, in St. Margarethen hat er schon die Zauberflöte (1999), Otello (2002), Aida (2004), Nabucco (2007) und La Traviata (2008) inszeniert. Carmen hat er zeitlich in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts angesiedelt, zur Zeit des spanischen Bürgerkrieges. Es ist eine „echte“, altehrwürdige Carmen – ohne Experimente und doch mit klugen und vielen kleinen Einfällen. Es werden Möglichkeiten ausschöpft, die man auf einer Bühne in einem Gebäude nicht umsetzen kann. Liebe, Erotik, Eifersucht und Hass ziehen sich durch die Handlung, ehe Carmen Josés Hand nimmt und sich selbst niedersticht. Michael Heidinger sorgt für ein anspruchsvolles Lichtdesign, das Lichtkunst Kollektiv Wien sorgt für Neuland im optischen Bereich mit einer spektakulären Lichttapete. nicht unerwähnt dürfen die wieder schönen Kostüme von Susanne Özpiner bleiben. Flamencoeinlagen auf der Bühne und auch während der Pause geben den Besuchern das Gefühl, dass Sevilla im Nordburgenland liegt.
Wir besuchten die Aufführung am 27. Juli, in der Alfred Eschwé für eine saubere Umsetzung der Partitur mit dem jugendlich agierenden Festspielorchester sorgte, dem auch ein gut vorbereiteter Festspielchor zur Seite steht. Tiziana Carraro, eine blonde Italienerin, singt die Titelpartie und nimmt stimmlich und schauspielerisch, mit sicheren Höhen und einem angenehmer Mezzo-Timbre in der Tiefe für sich ein. Der gebürtige Amerikaner Eric Fennell als Don José kann ebenso beeindrucken wie Sebastian Holecek als Escamillo. Und da wäre noch Micaela: Mit der Rumänin Cristina Pasaroiu ist auch ein guter Griff gelungen. Die weiteren Rollen sind durchwegs gut besetzt, alle rund dreihundert Mitwirkenden sind Mosaiksteinchen eines Ganzen.