Der brennende und der eiskalte Pfeil Amors
GRAZ / JOHANN JOSEF FUX / DAFNE
02/06/10 Was eint Salzburg und Graz? Vielleicht der Umgang mit prominenten Komponisten? Dem (legendären) Fußtritt des Grafen Arco für Mozart entspricht eine Notiz in der Schulchronik des Grazer Ferdinandeums: „Profugit clam“ heißt es dort über Johann Joseph Fux.
Von Reinhard Kriechbaum
Heimlich also hat sich der Knabe aus dem Staub gemacht, ist er seiner steirischen Heimat entflohen - und er taucht dann am Wiener Kaiserhof auf... Bei der Styriarte heuer wird man ausführlich des vor 350 Jahren geborenen Barockmeisters gedenken, den man so ohne weiteres nicht für die Steiermark reklamieren kann, außer dass er halt 1660 in St. Marein unweit der Landeshauptstadt geboren worden ist. Unter anderem wird Jordi Savall eine semiszenische Aufführung von Fux' „Orfeo ed Euridice“ leiten (22 und 24. Juli).
Zuvor hat sich aber schon die Grazer Musikuniversität in Sachen Fux und Oper engagiert. Das Institut für Musiktheater zeigt derzeit im Mumuth, dem universitären Musiktheater-Gebäude, „Dafne in Lauro“ und beweist ansehnliche Barock-Kompetenz.
Nicht uninteressant, wenn man die Namen der Orchestermusiker liest. Die Osteuropa- und Fernmost-Dominanz ist auffallend. Wie gediegen sich aber gerade dieses Orchester in den Barockton eingearbeitet hat, wie Frank Cramer (auch er ja keiner, der aus der einschlägigen Szene kommt) die jungen Leute auf Genauigkeit, auf akkurate Phrasierung und überhaupt auf stilistische Linie gebracht hat: Das spricht nicht zuletzt für gutes und stilkundiges Teamwork auch im Hintergrund der Grazer Musikausbildungsstätte. Auch sängerisch hatte man in der vom DrehPunktKultur besuchten Aufführung ein gleichgestimmtes und nicht minder stilsicheres Ensemble aufzubieten.
Amor bringt die Gefühlswelt ordentlich durcheinander, indem er Apollo einen brennenden, der Nymphe Dafne aber einen kalten Pfeil schickt: So vehement der eine schmachtet, so bestimmt widersagt die andere allen einschlägigen Verlockungen. Als esder liebestrunkene Apollo aber dann gar zu bunt treibt und sich sogar weigert, den Sonnenwagen zu lenken – endlich mal was gegen die globale Erwärmung! - leistet Dafne einen Beitrag zur Rettung der Welt: Nicht indem sie sich dem Werben des Gottes hingibt, sondern indem sie sich in einen Lorbeerbaum verwandeln lässt. Liebe zum Grünzeug bringt's dann auch für Apollo nicht.
Unprätentiös wirkt die Inszenierung von Barbara Beyer: Dass die der Männerwelt abholde Jagdgöttin Diana und die ihr ergebene Nymphe Dafne das Leben ohne Sex nicht so ohne weiteres wegstecken, kommt gut heraus. Zwei weiße Sofas, moderne Kleidung – das war's auch schon. Mit zwei Stunden Spieldauer ist diese „Dafne“ gar nicht barock ausufernd.