Echte Salzburger Hofmusik
REST DER WELT / GRASSAU
11/07/12 Jetzt gehört Grassau zu Bayern, einst war es ein Dorf im Fürsterzbistum Salzburg. Ein stimmiger Ort also, dort beim „Musiksommer zwischen Inn und Salzach“ Salzburger Komponisten zwischen 1690 bis 1780 vorzustellen.
Von Elisabeth Aumiller
Damals, in Salzburger Zeit, erhielt die Grassauer Pfarrkirche Maria Himmelfahrt ihr barockes Gewand. Doppelt stimmig also ein Konzert dort. Wolfgang Brunner führte neben seinem musikalischen Einsatz auch moderierend durch den Abend und ergänzte jedes Musikstück mit interessanten Informationen. Den Anfang machte die Pastoralsonate von Carl Heinrich Biber für zwei Violinen, Barock-Violone und Orgel, ein liebenswertes Stück. Vom Vater Biber, Heinrich Ignaz Franz, schloss sich eine der berühmten „Rosenkranzsonaten“ an, und zwar jenes Stück, das „Christi Darstellung im Tempel“ zum Inhalt hat. Die Skordatur – das Umstimmen einzelner Saiten – gibt auch diesem Werk besondere Klangfarbe. In bewegtem Tempo und mit virtuosen Passagen brillierte Bozena Angelova, die Continuospieler Herwig Neugebauer am Violone und Brunner am Cembalo variierten improvisatorisch die Continuobasis.
Eine nette pastorale Miniatur ist „Ox und Esel bei dir wohnen“ von dem völlig unbekannten Komponisten Philipp Rättich, dessen Noten seit 250 Jahren im Stift Nonnberg ruhen und für den die Sopranistin Maria Erlacher ein treffliches Plädoyer abgab. Mit silbern leuchtender Stimmqualität bewies sie Stilempfinden und gesangliche Finesse. Sie sang auch geistliche Arien von Johann Michael Haydn und Leopold Mozart sowie Rezitativ und Arie „Ergo interest“ KV 143 des jungen Wolfgang Amadeus Mozart, die sie an das kurze Allegro der von Brunner einprägsam dargebotenen Kirchensonate KV 68 anschloss.
Auf seinem exquisiten Cembalo, das erlesene Klangqualität mit optischer Eleganz vereint, spielte Brunner die Orgel-Toccata Undecima von Georg Muffat. Er beeindruckte mit ornamentreicher Virtuosität ebenso wie mit filigraner Leichtigkeit. Angenehme Bekanntschaft mit Muffats einziger Violinsonate ermöglichte die in Eisenstadt wirkende Salzburger Geigerin Cornelia Löscher. Brunner merkte an, dass Muffat die Instrumentalisten „an den Rand des Wahnsinns“ trieb, in dem er sie in „eigentlich verbotene Tonarten“ jagte.
Leopold Mozarts Variationen über einen Choral des Salzburger Hornwerkes für den Monat März gaben einen Eindruck vom „Salzburger Stier“, des mechanischen „Glockenspiels“, das 200 Jahre lang das gleiche Musikstück spielte und von Leopolds Variationen schließlich Ablösung erfuhr.
Mit den beiden Geigerinnen Löscher und Angelova sowie Herwig Neugebauer, der inzwischen vom Violone zum Kontrabass übergewechselt war, stellte Brunner musikalisch überzeugend das Mozart-Klavierkonzert KV 107 vor, das der junge Wolfgang Amadeus nach der Klaviersonate op.5/2 von Johann Christian Bach geschrieben hat, wobei nach Brunners Aussage auch Vater Leopold noch mitgemischt haben soll.