Alberne Provinzdämonik?
TRAUNSTEINER SOMMERKONZERTE
30/08/11 Trotz eines nicht alltäglichen Programms ein erfreulich ausverkaufter Auftakt zum Kammermusikfest: lang anhaltender Jubel für den bereits zehnten Auftritt der Sopranistin Christine Schäfer im Kulturraum Klosterkirche in Traunstein.
Von Horst Reischenböck
Die diesjährige Veranstaltungsserie scheint den 50. Todestag von Hanns Eisler im kommenden Jahr vorwegnehmen zu wollen. So liegt bis 4. September in sechs Konzerten ein Schwerpunkt auf seinem noch immer nicht allgemein verankerten Schaffen. Am Montag (29. 8.) ging es aber um Eislers Lehrer Arnold Schönberg: vielleicht gerade deshalb, weil sich Eisler so kritisch über Schönbergs „Pierrot lunaire“ als Verschwendung grandioser Musik an „alberne Provinzdämonik“ äußerte.
Das gut halbstündige Opus 21 hat als ein Schlusspunkt der Gattung „Melodram“ überlebt, die noch ein Richard Strauss in „Ennoch Arden“ pflegte. Schönbergs kreatives Genie hat aus wenigen Instrumenten ein Maximum an Klangfarben geschürft.
Christine Schäfer meisterte eindrucksvoll die Gratwanderung zwischen „noch Sprechen“ und „gerade noch nicht Singen“. Betörend etwa ihr Zwiegespräch mit der Flötistin Clara Andrada de la Calle in „Der kranke Mond“. Bei Fortepassagen der Begleitung blieb sie dagegen nicht immer ganz wortverständlich. Der Cellist Andreas Arndt vom Auryn Quartett steuerte kraftvolle, aber auch - etwa in der „Serenade“ - beschwörend kantable Akzente bei. Ähnlich Matthias Lingenfelder mit Geige und Bratsche. Der Wiener Symphoniker Gerald Pachinger und sein Schüler Alex Ladstätter hingegen teilten sich Klarinette und Bassklarinette - obwohl Schönbergs Partitur (wie bei Geige und Bratsche) auch hier einzigen Ausführenden für die beide alternierend eingesetzte Instrumente vorsieht.
Zuvor ging es um das Echo auf Schönberg - in Gestalt der aphoristisch kurzen, spröden drei japanischen Lieder von Igor Strawinsky, gefolgt von Maurice Ravels „Trois poèmes de Stéphane Mallarmé“: Gelegenheit für Christine Schäfer, mehr an sinnlich vokalem Schmelz zu demonstrieren.
Der Pianist Peter Orth, den Auryns als kammermusikalischer Partner eng verbunden, war mit bei Gabriel Faurés spätem, kraftvoll herben zweiten Klavierquintett c-Moll op. 115 zu erleben. Vollmundig tonschön führte Stewart Eaton an der Viola in die berauschenden Sätze ein.