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Jimi Hendrix und der Sängerkrieg auf der Wartburg

ZÜRICH / TANNHÄUSER

02/02/11 Alexander Pereira fordert das Opernhaus Zürich und sein Publikum. Nur eine Woche nach der Rossini-Maskerade „Le Comte Ory“ mit Cecilia Bartoli zog er schon den nächsten Trumpf: den zweiten „Tannhäuser“ in seiner Intendanz.

Von Oliver Schneider

Harry Kupfer zieht in seinem fünften „Tannhäuser“ Parallelen zur Vita der Woodstock-Ikone Jimi Hendrix. „Jimi Tannhäuser“ flieht aus der Enge des Venusbergs, der ein Bordell – ähnlich wie bei Claus Guth zuletzt an der Staatsoper – und eine Drogenhölle ist. Hier vergnügt sich das männliche Establishment inklusive dem Klerus bei Frau Venus und ihren Damen. Satyre und Faune geben dem Sündenpfuhl noch etwas Teuflisches. Vesselina Kasarova hauchte der Venus bei ihrem umjubelten Rollendebüt am Sonntag (30.1.) mit leuchtendem und durchschlagskräftigem Mezzosopran dunkle Glut ein und wusste auch darstellerisch im ersten Aufzug zu verführen. Die Rolle liegt ihr stimmlich geradezu ideal zurzeit, zumal sich auch ihre deutsche Diktion stark verbessert hat.

Auf dem Golfplatz trifft der geflohene Jimi seine ehemaligen Bandkollegen nach ihrer Runde im Klubhaus. Walter von der Vogelweide, Biterolf und Heinrich der Schreiber als ehemaliger Blues- und Rockmusiker der Jimi Hendrix Experience oder Gypsy Sun Rainbows? So richtig will die E-Gitarre nicht mehr zu ihnen passen. Nur für Tannhäuser bleibt sie auch jenseits des Hippie-Alters unverzichtbares Utensil.

Den Sängerkrieg haben Kupfer und sein Bühnenbilder Hans Schavernoch ins Fernsehstudio verlegt, wo Tannhäuser seine Kompromissbereitschaft, an der er letztlich zerbricht, aufgibt und mit dem Kopf durch die Wand gehen will. Ihm bleibt deshalb nur der Weg nach Rom zum Papst. Elisabeth und Wolfram erwarten die heimkehrenden Rom-Pilger auf dem Bahnhof.

Nina Stemme setzt hier einen musikalischen Höhepunkt mit ihrem berührenden Gebet; in der Hallenarie hingegen klingt ihr vollblütiger Sopran fast schon zu hochdramatisch. Auch Peter Seiffert hat im letzten Aufzug seine größten Momente, besitzt er doch dank seiner Rollenerfahrung für die Rom-Erzählung noch Reserven und punktet mit stählernen Höhen. Michael Volle ist ein grossartiger Wolfram, der in seinem Lied an den Abendstern Kantabilität verströmt, während er den Rest des Abends auch in seine dramatischen Ausbrüche ausdrucksstarke Zwischentöne einbringt.

Es wäre keine Kupfer-Inszenierung, wäre da nicht ein deutlicher gesellschaftlicher Seitenhieb. Nachdem der Papst den grünenden Pilgerstab auf den gläsernen Sarg Tannhäusers gelegt hat, wird die Gesellschaft durch ein Gewitter auseinandergetrieben. Wolfram von Eschenbach ist fassungslos ob der Verlogenheit und umklammert die E-Gitarre seines Freundes. Insgesamt ist Harry Kupfer noch einmal eine stringente Lesart gelungen, die in der Personenführung allerdings nicht an seinen eigenen Berliner Massstab herankommt.

Was auch immer Ingo Metzmacher an Musiktheaterwerken dirigiert, er sorgt für musikalische Sternstunden, auch bei diesem seinem ersten Tannhäuser. In Zürich dirigiert er eine Mischfassung, den ersten Aufzug der Pariser Fassung und anschliessend die Dresdner. Metzmacher arbeitet schon in der Ouvertüre penibel die dynamischen Gegensätze heraus, disponiert die Tempi zu einem spannungsvollen Gesamtbild und setzt auf volle Transparenz. Das Klangbild ist  jederzeit ausbalanciert für das kleine Zürcher Haus, ohne dass die Chorszenen (inhomogen die Damen) an Effekt verlieren. Die Zürcher Musiker danken Metzmacher mit exquisiter Stimmkultur, die Celli vor allem beim Abendstern-Lied, die Holzbläser und Hörner bei Elisabeths Gebet. Leider erklingen die Hörner der Jagdgesellschaft aus scheppernden Lautsprechern. Vielleicht hätte man stattdessen bei der aufwändigen Bühnenkonstruktion mit knarrenden, verschiebbaren Wänden im ersten Akt und dem Fernsehstudio etwas sparen können.

Weitere Vorstelllungen: 2., 6., 10., 13., 17., 20. und 26. Februar. - www.opernhaus.ch

 

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