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Funde aus dem Opernarchiv

REST DER WELT / OPERNREISE CHEMNITZ, GERA, DRESDEN(1)

07/02/11 Intendanten dieser Republik, blickt voller Neid auf Mitteldeutschland und schämt euch! Was Gera, Chemnitz oder Dessau trotz ihrer Mini-Budgets alles auf die Bretter stemmen, ist phänomenal! Und das durchschnittliche Ausstattungshonorar einer dortigen Produktion verprassen etwa die Berliner Opernchefs vermutlich schon während der Premierenfeier ...

Von Joern Florian Fuchs

altEine  nette kleine Premierenfete gab es auch in Chemnitz, bei der allerdings Schampus und Kanapees nicht im Mittelpunkt standen. Die Stiftung des Verbandes Deutscher Bühnen- und Medienverlage ehrte das Haus für seine konsequente Repertoireerweiterung. Die Würdigung ist überfällig, da sich Intendant Bernhard Helmich und Generalmusikdirektor Frank Beermann seit Jahren als Trüffelschweine bewähren und pro Saison gleich mehrere Raritäten aus den Archiven der Musikliteratur zu Tage fördern.

altJüngstes Beispiel: Otto Nicolais "Die Heimkehr des Verbannten". Der Stoff führt ins Umfeld von Shakespeares Rosenkriegen: Leonore ist scheinbar glücklich mit Edmund liiert, da taucht plötzlich ihr tot geglaubter Gatte Artur auf. Politisch sind sich die beiden Männer spinnefeind und Leonore durchrast einen Zwiespalt der Gefühle. Von beiden Rosenkriegern begehrt, begeht die Wunschmaid Selbstmord und jetzt endlich versöhnen sich die im Schmerz Vereinten.

Otto Nicolai goss das prägnante Libretto Gaetano Rossis gleich mehrfach in Musik, Chemnitz spielt die Wiener Fassung von 1844 – zwei Jahre zuvor hatte Nicolai die (heutigen) Wiener Philharmoniker gegründet. Der "Verbannte" ist eine Mischung aus an Bellini geschultem Belcanto, wildwüchsigen Klangkaskaden und aufwändigen Chortableaus. Allen Hauptprotagonisten ist jeweils ein Soloinstrument zugeordnet, das andeutet, hinweist, vertieft. Ganz sanft leuchtet die Oboe Leonores Schmerzensreich aus, während Arturs Gefühlsstürme eine meist nervöse Klarinette vermittelt, Edmunds eher sanften Charakter spiegelt das Cello.

Spitzenklasse in Chemnitz: Frank Beermann animiert die Robert-Schumann-Philharmonie zu Bestleistungen, Julia Bauer singt Leonore elegant und koloraturensicher, bei den Herren überzeugt vor allem Hans Christoph Begemann als Edmund. Philipp Kochheims Regie holt das Geschehen ins Hier und Heute: eine Festgesellschaft in modernem Ambiente feiert (sich) und gerät zunehmend in den Taumel des Geschehens.

Die Premiere wurde zu Recht ein großer Publikumserfolg, was momentan von besonderer Bedeutung ist, schließlich hört man in letzter Zeit immer wieder von Finanzproblemen. Was ist zu tun gegen die Knausrigkeit der Kämmererseelen in Stadt und Land? Die Chemnitzer versuchen es mit Profilschärfung und Internationalität, viele Expeditionen auf unerhörte Opernkontinente erscheinen als CD oder DVD, dazu gibt es Übertragungen beim lokalen Kulturkanal MDR Figaro und dem bundesweiten Deutschlandradio. Auch die Sänger und Regieteams kommen bisweilen von weit her, was angesichts der eher niedrigen Gagen durchaus erstaunlich ist. Es liegt wohl am Reiz, etwas nahezu Unbekanntes singen oder inszenieren zu können und sich dabei vom Publikum getragen zu wissen. (Wird fortgesetzt)

Bild: Theater Chemnitz / Dieter Wuschansk
Zum Teil 2 Ulenspiegel ist ein Freischärler

 

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