So unprätentiös kann ein Liederabend sein!
LIEDERABEND / KIRCHSCHLAGER
03/06/13 Liedgesang kann ganz einfach fröhlich und heiter - im besten Sinne unterhaltsam – sein. Das zeigte Angelika Kirchschlager begleitet von Alessandro Misciasci am Freitag (31.5.) im Solitär.
Von Heidemarie Klabacher
So unprätentiös kann ein Liederabend sein! Ein Block mit Schubert-Schlagern, ein paar Brahms-Lieder tendenziell im Volkslied-Ton, drei Mahler-Lieder von der (falls es das überhaupt gibt) eher heiteren Sorte. Keine Dramaturgie, keine großen Geschichten (weder inhaltlich noch überhaupt), schon gar keine rituelle Konzertliturgie. Einfach „schöne Lieder“ - jedes ohnehin eine kostbare Momentaufnahme vom Sein - temperamentvoll gesungen.
Solch ein unprätentiöser und dabei technisch natürlich souveräner Zugang, wie ihn Angelika Kirchschlager pflegt, kann dem Liedgesang nur gut tun. Die Zeit der Totenglocken für den Liedgesang scheint zwar inzwischen vorbei zu sein. Die „großen“ Festspiel-Liederabende sind voll, Matthias Goerne hatte erst jüngst bei der Stiftung einen zwar nicht ausverkauften, aber sehr gut gebuchten Großen Saal (während noch vor wenigen Jahren kaum der Wiener Saal voll zubekommen war). Beim Abend von Angelika Kirchschlager war der Solitär gerammelt voll.
Durch ihr unbeschwertes Auftreten, mit ihrem reich timbrierten Mezzo und vor allem mit ihrem selbstverständlichen und verständlichen Umgang mit dem Text nimmt Angelika Kirchschlager der Kunstgattung „Lied“ alles scheinbar Schwierige, minimiert die Zugangshürden, öffnet die Tore weit: „Hört zu, es geht um uns“, scheint sie mit jedem Lied zu vermitteln.
So entstand denn auch im Solitär keine weihevolle Stimmung, sondern es entwickelte sich gespannte Aufmerksamkeit. Angelika Kirchschlager hat wie der „wohlbekannte Sänger und vielgereiste Rattenfänger“ aus dem Schubertlied ihr Publikum einfach be-zaubert.
Dabei standen keineswegs nur heitere Lieder auf dem Programm. Tatsächlich ist die „Spannungsfalle“ mit „Gretchen am Spinnrade“ im ersten Block zugeschnappt, in einer leisen, intensiv verinnerlichten Wiedergabe. Kirchschlagers Textdeutlichkeit ist stupende – und scheinbar vollkommen natürlich. Da und dort (und gar nicht so selten) ändert sich zwar mitten in der Silbe ein Vokalklang, werden Endsilben nicht artikuliert, aber das ändert dennoch nichts an der präzisen Artikulation. Einen so dramatischen, dabei so scheinbar ruhigen „Erlkönig“ habe ich noch gehört. Man hat den Atem angehalten vor Spannung. „Heidenröslein“ war der Höhe wegen nicht die beste Wahl für den Schubertblock, Ellens dritter Gesang (das „Ave Maria“) wird dafür wegen der schlichten Innigkeit in Erinnerung bleiben.
Begleitet wurde Angelika Kirchschlager von Alessandro Misciasci, der den Liedern ihre fein perlende, virtuose und doch zurückhaltende Klangbasis und der Sängerin musikantische Impulse zu geben zu geben wusste.
Bild: dpk-klaba