Kammermusik vom Feinsten
STIFTUNG MOZARTEUM / KAMMERKONZERT
29/05/13 Zu einem Kammermusikabend mit excellent besetztem Ensemble um die Organisatorin und Pianistin Elena Bashkirova lud die Stiftung Mozarteum in den Großen Saal: Werke von Mozart, Hindemith und Carter spannten den Bogen zwischen Klassik und Moderne.
Von Christiane Keckeis
Eine leichte Frühlingsbrise, heiter, sanft, lebendig: dieser Mai ist von Sehnsucht danach geprägt, umso erfreulicher, wenn Tatjana Masurenko (Viola), Elena Bashikirova (Klavier) und Pascal Morguès (Klarinette) ebendieses Bild in Mozarts bekanntem „Kegelstatt“-Trio umsetzen. Ein lebendiges Duettieren und Dialogisieren, sensibel sprechende Phrasen, hüpfende Leichtigkeit und klangvolle Weichheit finden Platz in der Gestaltung der drei gleichermaßen ausdrucksstarken Musikerinnen.
Das Klavier perlt mit chopinleichtem Anschlag, nie hart, auch in kurzen Phrasierungen klingend, die Viola spricht mit präsenter Beweglichkeit und schönem Ton, gelegentlich etwas (zu) verhalten in der Balance zu den tonstarken instrumentalen Partnern. Die Klarinette verführt mit rundem Wohlton, der durchaus differenziert und lebhaft werden kann, aber nie scharf.
Dem „mozärtlichen“ Wohlgefühl folgt mit Hindemiths Quartett für Klarinette, Violine, Violoncello und Klavier ein Werk, das von Trauer und Abschied geprägt ist: Hindemith komponierte es 1938 unmittelbar vor seiner Emigration aus dem totalitären Deutschland in die USA. In einem gut abgestimmten Miteinander und mit aufmerksamem Aufeinanderhören lassen sich die vier sehr individuellen Künstler aufeinander und auf das Werk ein, es entsteht eine gemeinsame Klangvorstellung, die große Intensität hervorbringt und in die ein jeder einzelne seine Qualitäten ganz einbringt:
Michael Barenboim (Violine) agiert mit seinem feinen Fadenton facettenreich zwischen Fahlheit und Glanz, Nicolas Altstaedt (Cello) setzt Akzente mit weit fließendem Ton ebenso wie mit lebendigen Pizzicati, Elena Bashikirova gestaltet mit stupenden technischen Möglichkeiten und ihrem sprechenden Anschlag den Klavierpart und Pascal Moraguès, last not least, der sensibel die Auftrittsmomente der Klarinette auslotet und sich dazwischen einfügt in das Streichergeflecht.
Spannend, gewöhnungsbedürftig und technisch wie musikalisch höchst fordernd für die Spielenden ist Elliott Carters Sonate für Violoncello und Klavier. Hier sind beide Instrumente vom Komponisten über weite Strecken als Solisten gefordert, die nebeneinander her ihre eigene Individualität ausleben ohne Rücksicht auf den jeweils anderen Part des Gegenübers. Das ist ebenso anstrengend zum Zuhören wie wohl auch zum Musizieren.
Gelegentlich gibt es ein Reagieren aufeinander, auch ein Aufeinandereingehen, dennoch steht das Charakteristische des Einzelnen im Vordergrund. Kongeniale Gegenspieler in diesem Spiel der Kräfte machen das schwierige Werk zum Erlebnis: Nikolas Altstaedt lebt in der Musik und gestaltet im emotionalen Cellopart ebenso kraftvoll wie feinfühlig Gedanken und Geschichten, die Virtuosität läuft irgendwie so nebenher, dass sie gar nicht auffällt und sich komplett der musikalischen Aussage unterordnet. Elena Bashikirova widmet sich energiegeladen und ernsthaft dem über große Strecken strengen, rhythmisch bis metronomisch orientierten Klavierpart.
Nach so aufregendem Musizieren mag es verzeihlich sein, wenn das abschließende Mozart Klavierquartett Es-Dur trotz der hochrangigen Besetzung „nur schön“, eine Spur belanglos daherkommt. Lange legato- Phrasen, ein Spiel der Ritardandi und Dynamik, das klingt hübsch, ein wenig wie Mozart vor 25 Jahren. Stilistisch scheinen die Musizierenden ein wenig uneins zu sein, besonders im langsamen zweiten Satz: während Bratsche und Cello nahezu vibratolos ernsthaft und unmanieriert gestalten, vibriert die erste Violine quasi durch und verbreitet eine unnötige Süße, die durch die Weichheit im Klavier gestützt wird.
Das Publikum dankte den Musizierenden mit intensivem Applaus für einen langen abwechslungsreichen Abend.
Bilder: www.nicolasaltstaedt.com/Marco Borggreve; www.tatjana-masurenko.com