Ein Querkopf im Tiroler Kloster Stams
CD-KRITIK / JOHANN ZACH
16/06/22 Innerhalb der klösterlichen Musikkultur in Österreich nimmt Stams eine wichtige Stellung ein. Das Musikarchiv mit rund dreitausend Handschriften und Drucken wird vorbildlich erschlossen, 6.500 Einzeltitel sind schon aufgeschlüsselt und online archiviert. Seit 1994 wurden Dutzende CDs unter dem Signum musikmuseum produziert, in Zusammenarbeit mit dem Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum.
Von Reinhard Kriechbaum
In der Heiligblut-Kapelle im Kloster Stams (im Tiroler Inntal, westlich von Innsbruck) steht eine Orgel. Sie ist leider kein originales Klangdenkmal mehr, aber für Kunsthistoriker allemal wegen der Rocaille-Malereien auf dem Prospekt von Interesse. Der Maler hat sogar das Notenpult nicht leer gelassen und einige Notenblätter mitsamt Frontispiz drauf gemalt: Es ist eine Komposition von Johann/Jan Zach, der damals gerader im Stift lebte und komponierte.
„Al capriccio“ heißt eine Aufnahme mit den Barocksolisten München unter der Leitung der Flötistin Dorothea Seel. Sie gilt vorwiegend, aber nicht nur konzertanter Musik von Johann Zach (1713-1763). Der Böhme hatte es in Prag als Organist und Komponist zu mehr als regionaler Bekanntheit gebracht, ging 1745 vermutlich aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Situation in Böhmen (bedingt durch den österreichischen Erbfolgekrieg) nach Mainz an den Hof des dortigen Kurfürsten. Dessen Dienst quittierte er 1756 und war dann die restlichen 17 Jahre seines kurzen Lebens unsteten Aufenthalts. Er war viel in süddeutsch-österreichischen Klöstern und an verschiedenen Fürstenhöfen und Bischofsresidenzen unterwegs. Zach mag ein kreativer Querkopf gewesen sein – dafür spricht seine sprunghafte, irgendwie unberechenbare Musik, die ihm Aufmerksamkeit und Ansehen bei den Zeitgenossen sicherte.
Nach einen langsamen Satz wie jenem des Cembalokonzerts in F-Dur wird man bei Zeitgenossen lang suchen müssen. Orchester-Episoden im Mannheimer Stil werden beständig aufgebrochen von instrumentalen Quasi-Rezitativen des Soloinstruments (mutig erfindungsreich nachgestaltend: Anne Marie Dragosits). Diese mehr als originellen Phantasmagorien des Cembalos seien „al Capriccio“ zu spielen, heißt es in der Partitur. Diese Anweisung hat der vorliegenden CD den Titel gegeben, der auch in anderen Stücken kraftvoll und oft wirbelig eingelöst wird. Die lebefebefrische Melodik in den beiden Flötenkonzerte ist dankbarstes Material für die Traversflötistin Dorothea Seel, die dann auch in einer Sinfonia in G – eigentlich eine respektable Sinfonia concertante mit vor allem für Erste Flöte und Violine – solistische Aufgaben vorfindet und den Komponisten ins beste Licht stellt. Dieses Stück, eines nur von einem ansehnlichen in Stams erhaltenen Notenkonvolut des Jan/Johann Zach, nimmt es durchaus mit vergleichbaren Kompositionen von Carl Philipp Emanuel Bach auf.
Johann Zach: Al Capriccio. Concerti und Sinfonie. Barocksolisten München, Ltg. Dorothea Seel (Traversflöte). Musikmuseum (13035)
Über das Musikarchiv im Stift Stams und die CD-Reihe musikmuseum