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Das himmlische Jerusalem ganz in Weiß

BUCHBESPRECHUNG / KOLLEGIENKIRCHE SALZBURG

18/07/13 Maniküre zwischen Himmel und Erde? Eine Szene aus dem Schattentheater? Der Steinrestaurator macht sich vor blauem Himmel hoch über Salzburg mit feinstem Gerät an den Fingern einer Statue auf einem der Türme der Kollegienkirche zu schaffen.

Von Heidemarie Klabacher

065Der weiße Baustellenschutz verleiht der intimen Szene unter freiem Himmel etwas Überirdisches: Geduldig überlässt der Gigant – vielleicht ist es auch eine Gigantin – dem kleinen dick vermummten Menschlein die Hand zur Pflege. Der Riese scheint zu wissen, dass er ohne den Zwerg keine Chance hat – gegen den Schmutz, gegen den sauren Regen, gegen den Zerfall... Es ist das Bild eines Poeten mit der Kamera, das Bild eines Geschichten-Erzählers, das zugleich alle formalen Kriterien eines Dokumentationsfotos erfüllt. Dieses Foto von Stefan Zenzmaier ist wohl das bewegendste in dem monumentalen Bildband „Kollegienkirche Salzburg“, das im Verlag Anton Pustet erschienen ist. Ohne Worte erzählt dieses Meisterfoto von der Verantwortung einer Gesellschaft gegenüber den auf sie gekommenen Kunstwerken.

068Von Stefan Zenzmaier sind auch die beinahe monochromatisch weißen dabei überirdisch fein ziselierten Impressionen aus dem Inneren der Kollegienkirche am Beginn des Buches und die farbintensiven plastisch-handfesten Aufnahmen der Außenfassade der Kirche und ihrer Umgebung am Ende.

Natürlich ist dieser Bildband kein reines „Bilderbuch“, sondern auch eine umfassende wissenschaftliche Dokumentation der zehnjährigen Restaurierung und Sanierung der Kollegienkirche sowie ein detailreicher Überblick über das Schaffen Fischers von Erlach.

066Warum die spätbarocke Kollegienkirche europaweit einzigartig und bedeutend ist, wird ebenso abgehandelt, wie die archivalischen Quellen, die Geschichte und Ausstattung des Kirchenbaus oder das der Architektur zugrunde liegende geistliche Programm.

Zahlreiche Autorinnen und Autoren – von Stein- und Holz-, Gold- und Glasrestauratoren bis hin zu Musikwissenschaftlern oder Theologen – haben Beträge geschrieben. Herausgekommen ist der Band als Kooperation zwischen der Österreichischen Denkmalpflege und dem World Monuments Fund.

067Erste Pläne zum Bau einer Universitätskirche gab es bereits unter Fürsterzbischof Paris Lodron, der 1623 die Benediktiner-Universität in Salzburg gegründet hat. Doch erst siebzig Jahre später beauftragte Erzbischof Johann Ernst von Thun den bedeutendsten Baumeister seiner Zeit mit dem Bau der Universitätskirche: Johann Bernhard Fischer von Erlach. Die Kapellen im Kircheninneren sind den Heiligen der vier Fakultäten gewidmet: Thomas von Aquin/Theologie, Ivo/Rechtswissenschaft, Lukas/Medizin und Katharina/Philosophie.

Unzählige Gesamt- und Detailansichten, historische Pläne, Kupferstiche, alte Fotos, moderne Planskizzen oder Gegenüberstellungen „Vor- und nach der Restaurierung“ bringen die Kollegienkirche dem Betrachter so nahe, wie ihr ein Kirchen- oder Konzertbesucher allein aufgrund ihrer Dimensionen nie kommen könnte: Neun Mann hoch stehen übereinander im Gerüst im Chorbereich – da hat man die „bodennahen“ Etagen und den Kuppelraum noch gar nicht mit gerechnet.

Ronald Gobiet (Hg.): Kollegienkirche Salzburg. Das Meisterwerk des J. B. Fischer von Erlach. Salzburger Beiträge zur Kunst und Denkmalpflege Band VII. Verlag Anton Pustet, Salzburg 2013. 279 Seiten, 45 Euro - www.pustet.at

 

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