asdf
 

Es stecken noch viele Geschichten in ihr

BUCHBESPRECHUNG / MARGARITA FUCHS / BAIANA

22/07/13 Es sind keine laut tönenden, grellen Menschen, die bei der Autorin Margarita Fuchs, zu Wort kommen, mehr noch, sich aus ihrem Innersten heraus gerierend Gestalt annehmen.

Von Ulrike Guggenberger

Margarita Fuchs nimmt sich Zeit für jedes einzelne Wort, bringt Geduld auf zu hinwendendem Beobachten. Kein Wimpernschlag, kein verstecktes Lächeln, keine noch so kleine Unmutsfalte oder Verstimmtheit, keine Bewegung ihrer Protagonisten entgeht ihrer bedingungslosen Zuwendung. Was mag die Autorin zu ihren Erzählungen anregen? Eine verlorene Erinnerung, ein aufflammendes Gefühl, eine unerklärliche Zuneigung oder eine kleine Szene, ein Gesichtsausdruck im Vorbeigehen?

Um die feinen Nuancen von Gefühlen und Unsicherheiten, die unausgesprochenen Sätze und zurückgehaltenen Erklärungen, die Unfähigkeit ihrer Heldinnen und Helden, sich dem anderen adäquat mitzuteilen, nachvollziehen zu können, muss auch der Leser bereit sein, sich viel Zeit zu nehmen.

Margarita Fuchs’ Einstieg in die jeweilige Geschichte passiert abrupt, beginnt ohne Vorwarnung mitten in den Fluss des Lebens der jeweiligen Person. Die Autorin sucht und findet in jedem Menschen das Besondere.

Das Buch „Baiana“ beginnt mit der Kurzgeschichte „Roma“, für die Margarita Fuchs 2007 in Leipzig ausgezeichnet wurde. Sie erzählt von der imaginären Reise einer Tochter mit ihrer dementen Mutter nach Rom. Der erschöpften Tochter bleibt während ihres Bemühens um die Mutter „die Bluse am Rücken kleben“, der Leser bangt klopfenden Herzens um den Ausgang der Situation, die jeden Augenblick ins Bedrohliche kippenen könnte. Mit „Hunger“ betitelt Margarita Fuchs die Erzählung eines Vaters, der 29 Stunden in seinem Auto fährt, um seine Tochter zu besuchen und ihr doch das Eigentliche nicht sagen kann.

Ein aus der Rolle fallender Onkel aus Amerika tut das Unangepasste, ja, das absolut Schockierende. Und da ist der unerwartet herbeigeführte Dialog mit offenem Ende eines seit Jahren getrennten Paares. – Oft sind es Situationen, in denen Menschen ungeplant, entschlossen oder intuitiv von ihrem Weg abbiegen, herausspringen aus ihrer vorgezeichneten Spur oder ungewollt an den Rand ihrer Existenz gedrängt werden. Angelika und Edgars Geschichte muss man mehrmals lesen, so berührend und tragisch sind ihrer beider Leben bewusst und unbewusst miteinander verknüpft.

Margarita Fuchs bestätigt mit „Baiana“ ihre ungebrochene Hingabe und Fähigkeit, sich in Menschen hinein zu fühlen und daraus wahre oder fast wahre Geschichten zu spinnen.

Die Literatin, die mit „Das große Fest in Portobuffolé“  2003 in der Literaturszene Aufhorchen  ließ, ist sich bewusst: „Es stecken noch viele Geschichten in mir“.

Margarita Fuchs, Baiana. Erzählungen. 144 Seiten. Edition Tandem, Salzburg 2013, € 18,50 - www.edition-tandem.at

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014