Immer noch das schönste Atelier
BUCHBESPRECHUNG / SOMMERAKADEMIE FÜR BILDENDE KUNST
16/07/13 Die Sommerakademie für Bildende Kunst auf der Festung jubiliert. Die Institution wurde vor 60 Jahren gegründet. Die derzeitige Leiterin, Hildegund Amanshauser nimmt dies zum Anlass eine Rückschau in Form eines Buchs.
Der Band „Das schönste Atelier der Welt“ ist zweisprachig, auf Deutsch und Englisch, soeben im Verlag Jung und Jung erschienen. Der Titel ist identisch mit jenem, den Ina Stegen ihrem Buch gegeben hatte, das sie vor 35 Jahren aus Anlass des 25-Jahre-Jubiläums herausbrachte. Was daraus zu schließen ist? Die Festung hat ihren guten Ruf über die Jahrzehnte hinweg bewahrt.
Den geschichtlichen Rückblick in dem neuen Buch formulierte Martin Fritz, studierter Jurist aus Klagenfurt, der zehn Jahre nach Gründung der Sommerakademie auf die Welt gekommen ist. Beeindruckend an der Arbeit ist die akribische Recherche des Autors, die nicht zuletzt an der seitenlangen Anführung von Fußnoten abzulesen ist. Martin Fritz bewegt vor allem die Tatsache, dass die ersten Jahrzehnte der Sommerakademie von zwei ehemaligen Nazis geprägt worden ist: vom Galeristen Friedrich Welz, der während des Zweiten Weltkriegs mit rigorosen Methoden in besetzten Gebieten Kunst für Deutschland requiriert hat, und von Hermann Stuppäck, einem hohen Kulturfunktionär während der Nazizeit. Es wundert Martin Fritz, wie es sein konnte, dass Oskar Kokoschka, ein Mann des Exils, von Welz als Leitfigur für die Sommerakademie gewonnen werden konnte. Zu Recht wundert er sich, wie einfach es ehemaligen führenden Nazigrößen gelang, schon bald nach dem Krieg eine herausragende Rolle im Kulturgeschehen zu spielen.
Welz setzte sich schon sehr früh dafür ein, dass Salzburg nicht allein als Stadt der Festspiele glänzen sollte und trat dafür ein, dass hier auch der Kunst der Gegenwart Raum zu geben sei.
Es gab den Plan, dafür die großzügigen Platzreserven innerhalb de Festung für das Salzburg Museum zu nützen. Die Vorbereitungen waren weit gediehen, als 1951 an den Tag kam, dass sich die riesige Kuenburgbastei vom Fels löste und auf die Stadt herabzustürzen drohte. Das bedeutete einen schweren Rückschlag. Umfangreiche und kostspielige Sanierungsarbeiten mussten geleistet werden. Aber Welz wälzte weiterhin hochfliegende Pläne, die auch die Festung einbezogen. 1953 kam es zur Gründung der Sommerakademie, der Kokoschka das Programm einer „Schule des Sehens“ verordnete.
Im Jubiläumsbuch führt Hildegund Amanshauser ein fingiertes Interview mit Kokoschka. Sie stellt Fragen und Kokoschka antwortet mit Äußerungen, die in diversen Veröffentlichungen zu finden sind. Kokoschka verdammte die Abstraktion als Irrweg. Ihm ging es darum, die Studierenden für eine genauere Wahrnehmung zu sensibilisieren.
Welz wollte Kokoschka dazu bewegen, sich in Salzburg anzusiedeln. Der entschied sich aber gegen Salzburg und ließ sich in Villeneuve am Genfersee nieder. Auch den Bildhauer Manzu wollte Welz zu einem Salzbürger machen. Von Manzu sind immerhin einige sehr schlanke Figuren im Stadtraum und eine der von ihm gestalteten Domtüren geblieben.
Die Nachfolge in der Akademieleitung trat 1964 Hermann Stuppäck, der sich in der Nazizeit als Literaturpapst gerierte und auch selbst Gedichte, Prosa und Stücke („Die Rüpelsteiner Krippenschachtel“) verfasste. Von der Salzburger Kulturpolitik wurde er als Kunstexperte eingestuft. Unter seiner Leitung rückte die Sommerakademie von der Ausrichtung auf eine zentrale Künstlerfigur ab. Das nicht ungeschickte Stichwort lautete nun „Pluralismus“. Die Öffnung der Institution und die Erweiterung um verschiedene Disziplinen setzte sich fort unter den Direktionen von Wieland Schmidt, Barbara Wally und der gegenwärtigen von Hildegund Amanshauser. Der zeitweilig kursierende Ruf, die Einrichtung diene dem Zeitvertreib dilettierender Hausfrauen, konnte restlos getilgt werden. Begeisterte Äußerungen ehemaliger Teilnehmer bestätigen dies im Buch, das auch einen reichen Bildanteil hat.
Den Plan für eine ganzjährige Akademie in Salzburg verfolgte Welz übrigens bis zuletzt. Er wollte dafür sogar das von ihm bewohnte Schloss Elsenheim zur Verfügung stellen.