Auf der Suche nach der absoluten Harmonie
NEU IM KINO/ DAS KONZERT
13/08/10 Andreï Filipov (Alexeï Guskov) steht vor einer Entscheidung: Vor dreißig Jahren war er Stardirigent des Bolschoi-Orchesters. Jetzt ist er dort Putzmann und bestreitet so seinen Lebensunterhalt. Beim Staubwischen stößt er zufällig auf ein Fax des Pariser Théâtre du Châtelet. Man sucht Ersatz für dienstunfähig gewordene Philharmoniker.
Von Isabell Spanier
Andreï war schon immer Musiker von ganzem Herzen und er hat es nie verkraftet, dass er in der Breschnew-Ära seinen Posten verloren hat, weil er jüdische Instrumentalisten in seinem Orchester beschäftigte. Jetzt erwacht seine alte Leidenschaft und er will mit seiner ehemaligen Besetzung auftreten.
Wie sie da mit gefälschten Pässen und nach langer Busreise erschöpft und laut in einem Pariser Edelhotel hereinpoltern, unverzüglich nach Auszahlung ihrer Gage verlangen, und sich damit erst mal Richtung Bar aufmachen … Die Geschichte erobert nicht zuletzt wegen des typisch slawischen Temperaments die Herzen der Zuschauer. Radu Mihaileanus Film „Das Konzert“ wurde bereits mit zwei Césars, dem französischen Pendant zum Oscar, ausgezeichnet. Allein in Frankreich packte die mitreißend dramatische Komödie mehr als zwei Millionen Zuschauer.
Es geht um Ex-Musiker, die zwar gelernt haben, den alltäglichen Verdienst mit anderen Tätigkeiten zu erzielen, jedoch wahrlich immer nur für die Musik lebten. Filipovs musikalischer Traum vermischt sich allerdings alsbald mit einem persönlichen Wunsch, bei dessen Realisierung ihm nur die Geigerin Anne-Marie Jacquet (Mélanie Laurent) helfen kann.
Das Verhältnis von Gemeinschaft und Individuum wird genauer betrachtet. Es geht um Träume, Wut und Enttäuschung, um gutmütigen Schwindel und um Hoffnung.
Letztlich ist es auch eine Geschichte über kulturelle Gegensätze. Durch Schauspiel, Farbspiel, Lichtsetzung und Geräuschkulisse werden Unterschiede in der Wesens- und Lebensart auch künstlerisch zum Ausdruck gebracht: So ist die Filmmusik (Armand Amar) zweigeteilt: Volksstücke, die die slawische Mentalität zum Ausdruck bringen, stehen konträr zur klassischen Konzertmusik. „Bunte“ Slawen, die mit Krawall in dezent weiße Pariser Geschäftsräume kommen. Das alles wird mit Augenzwinkern und Sympathie geschildert, einfach menschlich.
Es wird erzählt, wie die Musiker nach ihrer Ankunft in Paris erst an ihrem Alltag festhalten wollen und wie nur die Musik es schafft sie zu beflügeln. So kann die Harmonie von Filipovs Konzert nur dann erreicht werden wenn sowohl Violine, als auch Orchester an einem Ziel festhalten: an Tschaikowskys Noten. Andreï Filipov: „Es ist wie wenn ein Wunder geschieht. Die magische Geige drängt mich und das Orchester in den Himmel. Wir fliegen mit dem Publikum zur äußersten Harmonie.“
Sehr anschaulich, mit überzeugender Schauspielbesetzung wird allein durch die gewaltige Kraft der Musik ein Gefühl beim Kinobesucher übermittelt, das zeigt, wie lohnenswert es ist, auch in noch so aussichtslosen Situationen an die eigenen Träume zu glauben und an den eigenen Überzeugungen festzuhalten.