Elfmeter in die Diktatur
HINTERGRUND / DAS KINO / POLITIK UND FILM
27/02/14 Bis Mai 2014 zeigt das Salzburger Filmkulturzentrum „Das Kino“ insgesamt neun Spiel- und Dokumentarfilme zum Thema „Politik und Film“. Der nächste Termin gilt „Hana, dul, sed…“, einer in Nordkorea gedrehten Dokumentation von Brigitte Weich.
„Ich werde oft gefragt, ob es für ein Filmteam nicht wahnsinnig restriktiv ist, in dem totalitären Überwachungsregime zu drehen“, erzählt die Regisseurin Brigitte Weich über ihren Film „Hana, dul, sed…“. Aber für sie seien die Restriktionen in Nordkorea „bereits ein Teil der Geschichte“ gewesen: „Wir wollten nicht zeigen, was wir in Nordkorea sehen, wir wollten sehen, was diese Frauen uns zeigen.“
Diese Frauen: Das sind Fußballerinnen, Mitglieder des nordkoreanischen Frauenteams, eines der besten der Welt. Als sie jedoch die Qualifikation für die Olympischen Spiele in Athen verpassen, nimmt das Abenteuer ein jähes Ende: Die vier müssen sich aus dem aktiven Sport zurückziehen, und jede baut sich ein neues Leben auf. In dem Dokumentarfilm wird das weitgehend unbekannte Leben in dem hermetisch abgeschlossenen kommunistischen Staat – von seinen imposanten Monumenten und pathetischen Gesten bis zu ganz alltäglichen Situationen – wie beiläufig eingefangen.
„Hana, dul, sed…“ ist der nächste Beitrag in der Reihe „Politik und Film“ im Salzburger Filmkulturzentrum „Das Kino“. Die Regisseurin ist zu Gast und es gibt ein Hintergrundgespräch (Freitag, 28.2., 19 Uhr).
Warum Fußballerinnen? Das Erlebnis Nordkorea, die Einengungen hätten auf sie wie ein Schock gewirkt, erzählt die Filmemacherin. Der „Verstörung und Fremdheit“ habe sie einen vertrauten Bezugspunkt entgegensetzen wollen. „Junge Frauen, die den Ehrgeiz haben, etwas zu bewirken in ihrem Leben und dabei ständig an den ‚Dos‘ and ‚Don'ts‘ der Gesellschaft anecken, das schien mir eine universell menschliche Geschichte zu sein, von der ausgehend ich mich den Spezifika der fremden Kultur annähern wollte.“
In der Filmreihe werden ganz unterschiedliche politische Themen aufgegriffen – brisante, möglicherweise auch kontroverse und verstörende –, aber auch Filme von historischem Interesse. „Dabei wollen wir Film sowohl als ein Mittel der Reflexion als auch als emotionales Medium verstanden wissen“, so Kino-Leiter Michael Bilic.
Eine Woche später (7.3., 19 Uhr) ist „Der letzte der Ungerechten“ zu sehen. Der fast 90jährige Filmemacher und Autor Claude Lanzmann wurde mit seiner zehnstündigen epischen Filmdokumentation „Shoah“ (1985) bekannt, einer Erinnerung an den Holocaust, die nur auf Aussagen von Zeugen, Opfern und Tätern basiert. Sein jüngster Film „Der letzte der Gerechten“ beleuchtet wie kein anderer zuvor die Genese der Endlösung, enthüllt das wahre Gesicht Eichmanns und thematisiert auch die Widersprüche des Judenrates. Protagonist ist Benjamin Murmelstein, der letzte Präsident des Judenrates aus dem Ghetto Theresienstadt, der überlebt hat. Er war Verbindungsmann zwischen Nazis und KZ-Häftlingen, deshalb für viele verdächtig.
In der Reihe sind insgesamt sieben Salzburg-Premieren zu sehen, aber auch Filmklassiker wie Axel Cortis „Welcome to Vienna“ und Charlie Chaplins „Der große Diktator“.