Den Augenblick der Bezauberung festhalten
IM PORTRÄT / JOSEF ZENZMAIER
04/03/13 Bronzeguss fein „wie ein Segeltuch, wie wenn der Wind reinbliese“: Morgen Dienstag (5.3.) wird der Bildhauer Josef Zenzmaier achtzig Jahre alt.
Von Wolfgang Richter
Er ist ein Bildhauer, der dem Umraum Bedeutung gibt. Er setzt seine Arbeiten in einen Bezug zum Ort und zu den Menschen, die ihnen begegnen – man denke nur an den mächtigen Virgil, der jeden herausfordert, der das Bildungshaus in Salzburg-Aigen betritt.
Er ist in der figuralen Tradition verwurzelt und formuliert ein Menschenbild, das sich in seiner Ausbildung nicht an Wien und Wotruba orientierte: Von Kokoschka erfuhr Josef Zenzmaier, dass das Erlebnis Voraussetzung für eine Vision ist. Gerhard Marcks hat ihm Selbstvertrauen gegeben. Manzù erschloss ihm das Erhabene, das von der Antike und vom Humanistischen durchdrungen ist. Mit Kokoschka und Manzù war Zenzmaier er über die Sommerakademie freundschaftlich verbunden. Er leitete dort lange Jahre eine Klasse für Bronzeguss.
Auf dem nicht immer einfachen Weg, „das Alte zu verwerfen, um es neu wieder zu finden“ ist Zenzmaier unentwegt dem Mythos auf der Spur, Augenblicke der Bezauberung festzuhalten. Er tut das mit einer nur scheinbaren Selbstverständlichkeit. In Wahrheit ist diese das Ergebnis einer lebenslangen Übung in der „Schule des Sehens“.
Aber wie gelingt es, dass es spielerisch anmutet und von Freude, Staunen, Lust, von Zweifel und Hoffnung erzählt und nicht zu einem verkrampften Muskelspiel erstarrt? Eine Antwort liegt für Zenzmaier in Heinrich von Kleists Schrift „Über das Marionettentheater“, wo es heißt: „Wenn die Erkenntnis gleichsam durch ein Unendliches gegangen ist, findet sich die Grazie wieder ein.“
Von Manzù brachte Zenzmaier die italienische Tradition einer eigenen Gusswerkstatt nach Kuchl. Den Hohen Göll vor Augen, empfindet Zenzmaier die Landschaft als anthropomorphe Inspiration. Dort fügt er mit der Gasflamme aus planen Wachsplatten plastische Räume zusammen, die symbolisch als Gebirge lesbar sind, wo aufgetürmte menschliche Erfahrungen spürbar werden. Seine Figuren gießt er hauchdünn „wie ein Segeltuch, wie wenn der Wind reinbliese“, damit sie Leben und atmen.
Wie kaum ein zweites Beispiel wurde der Paracelsus zu einem Lebensbegleiter. Konzipiert für die naturwissenschaftliche Fakultät in Freisaal, wo auch eine Bronze von Manzù steht, hat ihn die Arbeit von 1986 an über 20 Jahre begleitet. Jetzt, wo sie „gleichsam durch ein Unendliches“ gegangen ist, wäre es ein gebührender Akt der Wertschätzung, Zenzmaier für den Paracelsus einen Platz in der Stadt aussuchen zu lassen, wo er dem Umraum Bedeutung gibt.