Komponist und Geburtshelfer von Komponisten
IM PORTRÄT / KLAUS AGER
11/05/12 „Wir sind der Meinung, dass es weit mehr österreichische Komponisten gibt, die wahrgenommen werden sollten. Es gibt kaum ein Land, das über so viele so gute Komponisten verfügt wie Österreich. Freilich werden Leute wie Furrer, Haas und Neuwirth schon auch bei uns wahrgenommen. Aber drei von 600 sind einfach zu wenig“. Das sage der Komponist Klaus Ager 2008 in einem mica-Interview.
Klaus Ager, Jahrgang 1948, studierte von 1967 bis 1970 am Mozarteum Salzburg (unter anderem) Komposition und Musikwissenschaften. 1971 bis 1973 studierte er Komposition bei Olivier Messiaen und Elektroakustische Musik bei Pierre Schaeffer am Conservatoire de Paris du er besuchte Kurse bei Karlheinz Stockhausen und Luciano Berio. In diesen Jahren war Klaus Ager Korrepetitor bei den Salzburger Festspielen, freier Mitarbeiter von Radio France in Paris und des ORF in Salzburg. Von 1975 bis 1986 leitete er das Österreichische Ensemble für Neue Musik.
1977 gründete er das zeitgenössische Musikfestival Aspekte Salzburg, das er bis 2006 geleitet hat. 1986 wurde Klaus Ager als Professor ans Mozarteum berufen, dem er von 1995 bis 2000 als Rektor vorstand. Seither ist Klaus Ager immer wieder als Gastkomponist und Lektor in Süd- und Nordamerika, er setzt sich europaweit für eine Besserstellung von Komponisten und Komponistinnen ein.
Seit April 2004 Ager Präsident des Österreichischen Komponistenbundes, der heuer bereits zum fünften Mals in Kooperation mit „prima la musica“ zum Nachwuchswettbewerb „Jugend komponiert” eingeladen hat. Den Jury-Vorsitz hatte heuer Klaus Ager persönlich: Junge Talente im Alter von Zehn bis 18 Jahren haben ihre selbst komponierten Werke eingereicht. Je ein Konzertstück mit der Trio-Besetzung Saxophon, Klavier und Kontrabass und ein Selbstwahlstück waren diesmal gefragt. Bewertungskriterien waren neben Genauigkeit und Lesbarkeit des Notenmaterials die musikalische Eigenständigkeit, kreative Idee und Originalität der Umsetzung. Die Gewinner stehen natürlich längst fest - ihre Werke werden am Samstag (12.5.) um 11 Uhr beim Aspekte Festival im Solitär uraufgeführt.
Dass Klaus Ager nicht nur organisatorisch sich leidenschaftlich für seine Zunft einsetzt, sondern selber ein brillanter Komponist ist – davon konnte man sich erst am Mittwoch (9.5.) beim Aspekte Festival wieder einmal überzeugen: Das oenm, das Österreichische Ensemble für Neue Musik“, hat seine „Bruchstücke für Ensemble“ uraufgeführt. Auf Agers Website - www.klausager.at – erfährt man jederzeit auf Deutsch, Englisch und Französisch welche Werke von ihm und wo in aller Welt etwa 2011 von ihm aufgeführt wurden, in Basel, Berlin, Wien, China, Tokio, Salzburg, Lüneburg, Bukarest…. Auch in Sachen Marketing und unverzichtbarer Selbstvermarktung können junge Kolleginnen und Kollegen sich ein Beispiel nehmen: „Von nichts kommt nichts.“
Seine Werkliste hält derzeit bei der Opusnummer 97, die den „Bruchstücken für Ensemble“ gehört. Vom Komponisten selbst stammt eine „Stilbeschreibung“, die zwischen einer experimentellen Phase (bis 1975), der einer sehr komplexen „inkohärenten Prozessgestaltung“ (etwa in „la regle du jeu“ und „a lost shimmer of sunlight“, 1978), einer Auseinandersetzung mit computergenerierter Musik („Fades the light from the sea“ – ein Lamento für großes Orchester) unterscheidet.
Doch: „Mit der Serenade op. 60 für Klavier und Orchester beginnt ein Schaffensabschnitt, der wiederum einen ganz neuen Weg geht: Techniken der Variantenbildung, Unabhängigkeit der einzelnen Stimmen aber auch Brechungen des Ablaufs charakterisieren die Werke dieser Schaffensperiode, deren Höhenpunkte wohl die Kantate 'Friede!' oder 'HanLiu-Ker' für Bassklarinette darstellen.“
Schöne, teils auch auf CD erhältliche Stücke von ihm sind, neben den bereits erwähnten, etwa das Lied ohne Worte für Oboe und Streichtrio „An die Stille“ nach einem Gedicht von Georg Trakl, das für Gunter Schneider komponierte Gitarrenstück „Atacama“, das sich auf die Stille der (chilenischen) Wüste bezieht, eine Vertonung der Duineser Elegien von Rainer Maria Rilke, nicht zu vergessen auch die MaMuMis für Violine und Klavier, das sind aphoristische Miniaturen, die sich nicht nur auf Postkartentexte von Peter Altenberg, sondern durchaus auch auf Anton Webern und sein op. 9 beziehen. (mica/Heinz Rögl)