„Das Fragezeichen ist das Wichtigste“
HINTERGRUND / SPAZIEREN UND DISKUTIEREN FÜR RESPEKT
16/03/15 „Das darf im Jahr 2015 einfach nicht vorkommen, dass zwei dunkelhäutige Schulkinder aus Somalia in Salzburg einen Schulbus verlassen müssen.“ So Anja Hagenauer heute Montag (16.3.) bei der Vorstellung des Initiativprogramms „Spazieren und diskutieren für Respekt“.
Von Reinhard Kriechbaum
Breite Front macht die, lokale und regionale Politik, um Menschen in Sachen Fremdenfeindlichkeit zu sensibilisieren: „Spazieren und diskutieren für Respekt“ heißt die Initiative. Anja Hagenauer, Bürgermeister-Stellvertreterin und stark engagiert in der Aktion „‘88gegenrechts!“ und Landesrätin Martina Berthold machen gemeinsame Sache: „Ein ‚Wir‘ über Partei- und Gebietskörperschaftsgrenzen ist bei diesem Thema nötig“, sagt die Landesrätin. „Da braucht es den Schulterschluss.“ Die einschlägigen Einrichtungen hat man natürlich eingebunden, das Friedensbüro, den Runden Tisch Menschenrechte, auch das Personenkomitee Stolpersteine.
Über 160 Fälle von Diskriminierung seien im Vorjahr der Antidiskriminierungsstelle angezeigt worden, weiß Christian Treweller vom Runden Tisch Menschenrechte. „Es besteht Handlungsbedarf.“
Viele Vorurteile greifen nicht, sagt Kathrin Quatember vom Friedensbüro Salzburg. Den glatzköpfigen Nazi-Skinhead gebe es zwar noch, aber die Szenen haben sich aufgegliedert. Da können eindeutige Chiffren in veganen Kochkursen auftauchen, und die Musikszene ist logischerweise ein Betätigungsfeld. „Wir müssen also fragen: Wie schaut es tatsächlich abseits kolportierter Bilder aus“, erklärt Kathrin Quatember.
„Spazieren und diskutieren für Respekt“ zum Thema Rassismus bringt in den nächsten Wochen und Monaten Workshops, Vorträge, Dialoge – und eben geführte Stadtspaziergänge für Klassen ab der 7. Schulstufe. Am 23. März sind Rechtsextremismus und Neonazismus in der Jugendkultur das Thema eines Workshops und eines „StadtDialogs“ im Schloss Mirabell. Am 15. April gibt es Ähnliches zum Thema „Krieg im Namen des Islam?“ im Unipark Nonntal. „Das Fragezeichen im Titel ist das Wichtigste“, sagt Kathrin Quatember vom Friedensbüro.
Herzstück der Initiative sind freilich die Spaziergänge. Acht Mal macht sich der Historiker Gert Kerschbaumer vom Komitee Stolpersteine mit jungen Leuten auf den Weg: in der Neustadt rund um die Andräkirche, durchs Bärengässchen, am Waagplatz und durch die Judengasse sowie an der Glanbrücke am Schwarzgrabenweg. Dort geht es vor allem um Sinti und Roma.
Wie den jungen Leuten die „Stolpersteine“ nahe bringen? Er werde „ganz spezielle Steine auswählen und dazu Geschichten erzählen“, sagt Kerschbaumer, der im Übrigen betont: „Natürlich sei es wichtig, die Vergangenheit zu kennen, aber entscheidend ist, was wir heute tun und unterlassen.“
„In meinem, deinem, unseren Stadtteil“ werden sich Schulklassen auf den Weg machen. Es soll ihnen nahegebracht werden, wie vielfältig in ethnischer Hinsicht Salzburg ist. „Beim Spazierengehen nehmen wir uns Zeit, lassen unseren Blick entspannt herumschweifen und entdecken dabei oft Neues. Daher passt es ganz gut, wenn aktuelle Themen wie Integration und Toleranz im gemeinsamen Gehen aufgegriffen werden“, so Martina Berthold, die auch Integrationsreferentin des Landes ist. An sechs Tagen ab 26. März gibt es diese Stadtteilspaziergänge in der Elisabeth-Vorstadt, in Lehen, im Nonntal, im Andräviertel, in der Rechten Altstadt und in Liefering. „Es geht um Wissensvermittlung und darum zu zeigen, dass sich die Stadt über die Menschen, die dort leben, definiert und dass Vielfalt positiv ist."