asdf
 

Haute Couture trifft Edelweiß

TAGUNG / KLEIDERFRAGEN

02/04/14 „Mode ist das, was man selber trägt. Geschmacklos ist das, was andere tragen.“ Schon Oscar Wild beschäftigte sich mit dem Bedürfnis der Menschen, sich „gut“ zu ver-kleiden. Die Geheimnisse des individuellen Modegeschmacks wurden bisher freilich nicht gelüftet! Die Tagung „Kleiderfragen: Mode und/oder Tracht?“ versucht es.

Von Olivia Blender und Heidemarie Klabacher

405Was ist die „Haute Couture“? Was ist das ländliche „Volksgewand? Gibt es eine klare Trennung zwischen der elitären Mode in den Metropolen und der bodenständigen Tracht auf dem Lande? Wer hat das „Dirndl“ erfunden? Woher kommen globale Trends? Und vor allem natürlich: Was trägt Salzburg?

Mit genau diesen Themen und Klischees beschäftig sich die Tagung „Kleiderfragen: Mode und/oder Tracht?“ am Freitag (4.4.) und am Samstag (5.4.) im Kunstquartier in der Bergstraße – eine gemeinsame Veranstaltung von Universität Salzburg und Universität Mozarteum. Thematisiert werden sowohl die Gegenwartsmode, als auch die  Geschichte der Tracht. Auch die Salzburger Festspiele spielen eine wichtige Rolle. So wird die Kunst- und Kostümhistorikerin Silke Geppert über „Mode und Mondänität in der Festspielstadt – Die Roben der Prominenz in der Ära Karajan“ sprechen. Silke Geppert ist die Begründerin des Netzwerks „Forum_mode_textil_kostüm Österreich“ und etwa die Autorin des im Verlag Anton Pustet erschienen Buches „Mode unter dem Kreuz. Kleiderkommunikation im christlichen Kult“. Zusammen mit Christa Gürtler und Eva Hausbacher hat sie die Tagung "Kleiderfragen: Mode und/oder Tracht?" konzipiert.

403Herbert von Karajan habe von 1956 bis 1989 die Salzburger Festspiele geprägt und beherrscht, er symbolisiere den Zusammenhang „von elitärem Kunstgenuss im luxuriösen Ambiente, High Society und Haute-Couture, Fremdenverkehr und Wirtschaft“, so Geppert in ihrem Abstract. „Neben seiner musikalische Perfektion und seiner Leidenschaft für alles Technische, war sein stilisierter eiskalter Hauch von modischer Eleganz und künstlerischer Genialität und sein Sinn fürs Geschäft prägend für Salzburg und machten ihn zu einem Leitbild der Epoche“, meint die Kostümhistorikerin.

„Gemeinsam mit seiner Frau Eliette, die als Fotomodell von Christian Dior entdeckt wurde, inszenierte das Paar Karajan performative Akte der prestigesteigernden Statussicherung. Fern der Alltagspraxis zeigt sich hier die Kultursociety in Festtagskleidung auf einem der wichtigsten Défilés der europäischen Haute-Couture - in der Hofstallgasse.“ Kritik an der öffentlichen Zurschaustellung von Luxus im Umfeld der Festspielaufführungen habe die Festspiele seit ihrer Gründungsphase begleitet, so Silke Geppert. Sie werde in ihrem Vortrag deshalb etwa der Frage nachgehen, „was die demonstrative Zurschaustellung von Luxus, die Party- und Eventkultur der Ära Karajan etwa vom nostalgisch gepriesenen 'Salzburger Flair' der Zwischenkriegszeit unterschieden hat".

Ulrike Kammerhofer-Aggermann, die Leiterin des Salzburger Landesinstitutes für Volkskunde, spricht über „My Favorite Things: Nationaltracht, Dirndl und ‚Edelweiß’“. Tracht sei, so Kammerhofer-Aggermann, „eines jener Phänomene, das in den letzten 120 Jahren zum Selbstdarstellungsfaktor wie touristischen Klischee Österreichs geworden ist“. Die Geschichte der Tracht sei eine Geschichte der Bedeutungszuschreibungen durch viele Gruppen: „Trachten sind Dresscodes ebenso wie codierte Kleidungs-Botschaften.

404„Von den ‚Volkstypen’ der frühen Ethnografie über die ‚Dirndl-Costumes’ der Sommerfrische und ‚This Salzburg for Anglosaxons’ führt der heitere Strang der Tracht zu den Weihnachtskarten der Trapp Familie“, umreißt Kammerhofer-Aggermann eine Epoche. „Leinen aus Salzburg, 1936 auf Laufstegen in London und New York, fand seine Fortsetzung in „Petites Tyroliennes“ (Paris 1986) und Oktoberfestdirndln (2006). Auf einem anderen Blatt standen das pathetische „Ahnenkleid“ der Väter und die Trachtenverbote von 1938 bis 1940.“

Elke Gaugele, Kulturwissenschaftlerin und Professorin an der Akademie der Bildenden Künste in Wien, spricht über ein frühes Dokument der Modegeschichte, über Robert von Spalarts fünfzehnbändigen „Versuch über das Kostüm“ aus dem Jahr 1796.

Die Vortragenden bei der Tagung „Kleiderfragen: Mode und/oder Tracht?“ referieren am Freitag (4.4.) und am Samstag (5.4.) also aus den Blickwinkeln der unterschiedlichsten Bereiche: aus der Perspektive der Kostümgeschichte, der Textilwissenschaft, der Modegeschichte oder der Volkskunde. Gemeinsam mit Modeschöpfern und bekannten Salzburg-Experten werden sie versuchen, der Gretchenfrage „Mode und/ oder Tracht“ auf den Grund zu gehen.

Kleiderfragen: Mode und/oder Tracht? – Tagung am Freitag (4.4.) ab 14.30 und am Samstag (5.4.) ab 10 Uhr im Atelier im Kunstquartier Bergstraße 12 A – Programm und Details – www.wk.sbg.ac.at
Bilder: dpk-klaba; Universität Salzburg/ Gerti Deutsch (1); Verlag Anton Pustet
Dazu zwei Buchtipps:
Silke Geppert: Mode unter dem Kreuz. Kleiderkommunikation im christlichen Kult. Verlag Anton Pustet, Salzburg 2013. 160 Seiten. 25 Euro
Daniela Müller,  Susanne Trettenbrein: Alles Dirndl. 160 S. Verlag Anton Pustet, Salzburg 2013. € 25.- www.pustet.at
Zu den Buchbesprechungen Netter Blick ins Froschgoscherl und
Maria Magdalena wäre eine Sünde wert

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014