Grüne Männchen in Lehen?
INITIATIVE ARCHITEKTUR / LANDSCHAFT LEHEN
05/06/13 Automarder fühlen sich wohl in Lehen, genug Futter. Wie wohl die Kids über die Lebensqualität im Stadtteil denken, wenn sie zwischen Literaturhaus und Eisenbahn hinter Gittern Ball spielen? Stimmt schon, beide Lehen-Perspektiven eignen sich für Polemik.
Von Reinhard Kriechbaum
Überhaupt: Lehen ist immer für Polemik gut. Der klassische Salzburger ist Aigner, Lieferinger, Morzger oder dergleichen eingemeindeter Dörfler. „Stadt“ ist für ihn das barocke Freiluftmuseumsareal am Fuß der Festung – und Lehen? Das gilt gemeinhin als Betonwüste und Sinnbild für urbane Lebensunwürdigkeit.
Die Initiative Salzburg, aber auch Stadtrat Padutsch, wollten es etwas genauer wissen. Und so hat man eine aus Lehen stammende junge Dame, damit beauftragt, dem „grünen Lehen“ nachzuspüren. Uta Michaeler studiert in Wien Landschaftsarchitektur. Sie hat sich also genauer umgesehen , und siehe da: Der Stadtteil hat nicht weniger als zwölf öffentliche Parks (das sind also Grünflächen, die vom Magistrat gepflegt werden). Da ist noch gar nicht die Rede von den Grünzonen zwischen den Siedlungshäusern, von den Böschungen entlang der Glan oder von den Vorgärten der Einfamilienhäuser, die es ja auch entlang einiger Straßenzüge gibt. Die Rede ist auch noch nicht von Potentialen, die sich durch die bevorstehenden Veränderungen auf dem Areal der Rauchmühle auftun werden.
Die Lehen-Landkarte ist erstaunlich grün. Die Stadt hat ein Imagefilmchen über „Freiräume Lehen“ drehen lassen. Und die Initiative Architektur zeigt eine Foto- und Texttafelausstellung zum Thema „Landschaft Lehen“. Park ist freilich nicht gleich Park. Während den Donnenbergpark im Nonntal eher einsame Spaziergänger durchstreifen oder Leute, die ihren Hund spazieren führen, nutzen die Einwohner den Lehener Park eher als Treffpunkt, als Kommunikationsort. Wer dort an einem Sommernachmittag vorbei kommt, wird ein Stück multi-ethnisches Salzburg erleben.
Sehr eigen-willig ist wohl auch die große Wiese an der Stadtbibliothek, das ehemalige Fußballfeld. So etwas hat man in Schallmoos oder Itzling nicht (dort ist die Lebensqualität deutlich schlechter als in Lehen, das als Viertel mit gewaltiger Einwohnerzahl die theoretisch drittgrößte Stadt im Bundesland wäre).
Schon mal etwas vom „Hans Sachs Park“ gehört, oder vom „Parklife“? Es gibt gar nicht so wenige Grünpunkte in Lehen, die man eigentlich nicht kennt und nur mit Mühe zu verorten weiß. Übrigens die Lehener selbst auch nicht, weshalb Stadtrat Johann Padutsch ein wenig mehr Bewusstseinsbildung im Stadtteil selbst anpeilt. Das Wie und Was ist noch nicht geklärt, aber für ihn als Raumplanungs-Stadtrat ist klar, dass Imagepflege Not tut.
Raimund Gutmann ist fürs Quartiermanagement im Stadtwerk Lehen zuständig. Er weiß um unterschiedliche Erwartungen ans städtische Grün. Es gebe viele Leute, die sich „einfach nichts drin wünschen“, da spiegle sich die alternde Gesellschaft. Die Jugend ruft nach Angeboten für Freizeitspaß und Sport. Ausgleich sei schwierig und erfordere lange, mühsame „Tagesarbeit“.
Es muss ja nicht gleich „Guerilla Gardening“ sein: das Bepflanzen von Grünstreifen, Verkehrsinseln und dergleichen in Eigeninitiative. Gemeinschaftsgärten wären auch in Lehen möglich, und es gibt bereits Initiativen. Würden Bauträger und vor allem hausverwaltungen mitspielen, könnte grün-mäßig allerhand in Bewegung kommen.
Übrigens: Tiere und Pflanzen fühlen sich gar nicht unwohl in Gegenden wie Lehen. Dem hat die an der Uni Salzburg tätige Landschafts-Ökologin Annette Voigt nachgespürt. Es gibt in den Städten mehr Igel als draußen in der freien Natur. Nicht nur Marder sind auf Bremsschläuche aus. Tauben nisteten einst in Felswänden und haben die städtischen Hauswände für sich entdeckt. Vor hundertfünfzig Jahren war die allgegenwärtige Amsel ein scheuer Waldbewohner. „Tiere, Pflanzen kommen in die Stadt“, weil der Landwirtschaftsraum „immer aufgeräumter“ werde, erklärt Annette Voigt. Ein bisserl was von der Multikulti-Touch der Lehener Bevölkerung findet sich also auch in Flora und Fauna.