Bezahlt wird in Andrällos
REPORTAGE / KINDERSTADT / MINI-ANDRÄ
06/07/10 Der Verein Spektrum führt derzeit in der Volksschule St. Andrä das Projekt "Mini-Andrä: Schule spielt das Leben" durch. Die Klassenräume wurden zu Spielstationen für 214 Kinder.
"Ich habe schon 32 Andrällos!", freut sich der zehnjährige Alex. Der Schüler der Volkschule St. Andrä hat nach einem Vormittag als Mitarbeiter im hauseigenen AMS, Redakteur der Zeitung und Koch im Leckerschmecker-Restaurant bereits genug verdient, um bei einem bunten Cocktail im Schulhof eine Pause zu machen. Genau dann, wann er will.
"Das Projekt soll vor allem ein Bildungserlebnis für die Schülerinnen und Schüler sein, aber auch die Chancen der Zusammenarbeit von Schule und außerschulischer Kinder- und Jugendarbeit deutlich machen", erklärt Thomas Schuster vom Verein Spektrum.
Die Kinder arbeiten, studieren, bestimmen mit - und sogar eine Regierung wählen sie. Ihre Vorstellungskraft wird durch Stadtkulissen, Straßen und Plätze unterstützt, die Klassenzimmer, Gänge und der Schulhof werden zum Arbeitsmarktservice, zur Bank, zum Beauty-Salon und zur Zeitungsredaktion. Daneben finden sich Werkstätten, eine Fahrschule, das Theater und Sportmöglichkeiten. Die Kinder schlüpfen in Rollen und übernehmen Aufgaben, sie verkaufen und kaufen - mit ihrem selbst verdienten Geld. Für Eltern und Erwachsene gibt es ein Café.
In den letzten Jahren hat der Verein Spektrum mit verschiedenen Schulen immer wieder Projekte initiiert – von den Stadtteil-CD-ROMs in Taxham und Lehen über Schwarzlichttheater und Kinderzirkus bis hin Schulhofgestaltungen und der Kinderstadt „Mini-Lehen“. Immer wird dabei fächerübergreifender Unterricht gefördert: Der Projektentwurf für „Mini-Andrä“ orientiert sich am Leben in einer Stadt, an den Zusammenhängen zwischen Arbeit, Konsum, Freizeit, kulturellem Leben und Politik.
Das Grundprinzip der Spielstadt besteht darin, Kindern ein offenes, komplexes Lernumfeld anzubieten, das es ermöglicht, selbstorganisiert und selbstbestimmt ein Stück ihres „Lern- und Lebensraums Schule“ zu gestalten. Das Spielsystem setzt auf die Eigenmotivation und Experimentierlust der Kinder, fordert ihre Fantasie und Organisationsfähigkeit in eigener Sache. Der Alltag in skandinavischen Schulen funktioniert nach genau diesem Prinzip.
Morgen, Mittwoch (7.7.), findet die "Wahl der Stadtregierung" statt – und tags darauf ist die Regierung der Kinderstadt Mini-Anxdrä zu Besuch drüben im Schloss Mirabell, wo ja auch ein Bürgermeister sitzt. Auf die Idee, Mini-Andrä für die Austragung Olympischer Spiele zu nominieren, werden die Kids hoffentlich nicht kommen. Dass man sich da nachträglich Scherereien einhandelt, kann ihnen Heinz Schaden ja erzählen.
Was verspricht man sich beim Verein Spektrum von Initiativen wie der Mini-Stadt? "Einschätzungen werden sich verändern: Schwächere Schülerinnen und Schüler erweisen sich als neugierig, einfallsreich und manuell begabt, Ältere helfen Jüngeren - oder umgekehrt." Gerade für eine Schule mit einem hohen Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund ergeben sich damit neue Chancen: Die im Unterricht vermittelten Kulturtechniken sind auch hier gefordert: Beim Lesen und Schreiben der Zeitung, des Wetterberichts oder bei Förderungsansuchen, beim Errechnen des Gehalts und der damit verbundenen Steuern, bei der Kalkulation in den Betrieben oder bei öffentlichen Reden, sei es bei der Kandidatur um das Bürgermeisteramt oder der Eröffnung einer Ausstellung. Die Kinder erwerben kommunikative und soziale Kompetenzen durch „öffentliche“ Auftritte, verschiedene Rollen und Zeitungs- bzw. Medienpräsenz. (dpk/Spektrum)