Die Freiheit war damals anderswo
HINTERGRUND / PLATZBENENNUNG / STEFAN ZWEIG
21/02/19 „Mein Haus gefiel mir nicht mehr seit jenem amtlichen Besuch, und ein bestimmtes Gefühl sagte mir, daß solche Episoden nur schüchternes Vorspiel viel weitreichenderer Eingriffe waren.“ Das schrieb Stefan Zweig in seiner Autobiographie „Die Welt von Gestern“.
Von Cay Bubendorfer
Im Februar 1934 war sein Haus auf dem Kapuzinerberg von der Staatspolizei durchsucht worden. Pikanterweise verdächtigte man den Pazisfisten Stefan Zweig unerlaubten Waffenbesitzes. Zwei Tage später verließ Stefan Zweig Salzburg für immer und ging ins Exil zuerst nach London. Wenige Jahre später, 1938, wurden auch in Salzburg Bücher verbrannt, darunter exemplarisch auch eines „des Juden Stefan Zweig“.
Stefan Zweig hatte viel geschrieben in seiner fünfzehn Jahre währenden Zeit in Salzburg: seine in viele Sprachen übersetzten Novellen, Biografien und historischen Erzählungen, zum Beispiel „Amok“, „Joseph Fouché“ und „Sternstunden der Menschheit“ machten ihm weltberühmt. Obschon er sich in Salzburg weder politisch noch religiös exponierte, war er bereits in den 1920er Jahren antisemitischen Anfeindungen ausgesetzt.
Seine persönliche Freiheit und seine Privatsphäre sah er nach der Hausdurchsuchung 1934 entschieden bedroht. „ Am selben Abend begann ich meine wichtigsten Papiere zu packen, entschlossen, nun immer im Ausland zu leben, und diese Loslösung bedeutete mehr als eine von Haus und Land, denn meine Familie hing an diesem Haus als ihrer Heimat, sie liebte das Land. Mir aber war persönliche Freiheit die wichtigste Sache auf Erden.“
Seit heute Donnerstag (21.2.) trägt der bisherige Cornelius-Reitsamer-Platz in der Salzburger Neustadt den Namen Stefan-Zweig-Platz. Bürgermeister Harald Preuner zitierte beim Festakt Stefan Zweig, der einst gesagt habe, sein Ziel wäre, eines Tages nicht ein großer Kritiker, eine literarische Berühmtheit zu werden – sondern eine moralische Autorität.
„Wir setzen hier ein Zeichen der Erinnerung nicht nur an den Dichter Stefan Zweig, sondern gerade heute auch an den Humanisten und Europäer Stefan Zweig“, betonte Kulturressortchef Bernhard Auinger. Denn wie Zweigs Freund Berthold Viertel schon geschrieben habe, war Stefan Zweig „mehr als ein bedeutender Schriftsteller, er war eine europäische Institution. Europa existierte in ihm, von allem Anfang an, als eine Einheit, als eine Kultureinheit, jenseits aller Sprach- und Nationalgrenzen, die er nicht anerkannte.“, so Auinger.
Zusätzlich zur Namenstafel „Stefan-Zweig-Platz“ informiert auch eine Erläuterungstafel mit biographischen Angaben und einem Verweis auf ausführliche Informationen auf der Homepage der Stadt Salzburg über Stefan Zweig und seinen Bezug zu Salzburg.
Stefan Zweig, geboren 1881 in Wien, war Schriftsteller, Pazifist und Humanist. Von 1919 bis 1934 lebte er gemeinsam mit seiner Frau Friderike und ihren Töchtern im Haus Kapuzinerberg 5. Hier begann die fruchtbarste Periode seines literarischen Schaffens. Im Jahr 1940 verließ Stefan Zweig gemeinsam mit seiner zweiten Frau Lotte Europa und reiste über die Stationen New York, Argentinien und Paraguay nach Brasilien. In Petropolis schieden Lotte und Stefan Zweig am 23. Februar 1942 aus dem Leben.
Seit 1956 trägt der Weg vom Kapuziner Kloster bis zum Franziskischlössl den Namen Stefan Zweigs. Der erste Abschnitt des Weges entlang den Kreuzwegstationen bis zum Kloster blieb damals jedoch von der Benennung ausgeschlossen. Erst seit einem neuerlichen Beschluss des Gemeinderats im Frühjahr 1996 heißt der ganze Weg von der Linzer Gasse auf den Kapuzinerberg offiziell Stefan-Zweig-Weg. Seit 1983 erinnert in Salzburg an Stefan Zweig eine Büste von Josef Zenzmaier, die sich gegenüber seines ehemaligen Domizils an der Mauer des Kapuzinerklosters befindet.
Der Wunsch, nicht nur den Spazierweg, sondern auch einen zentralen Platz bzw. eine Straße nach Stefan Zweig zu benennen, wurde mehrfach an die Stadt herangetragen – nicht zuletzt von Marko Feingold und dem früheren Direktor des 2008 gegründeten Stefan Zweig Zentrums, Klemens Renoldner. Im Dezember 2018 fasste der Gemeinderat den Beschluss, den Platz direkt vor dem Aufgang zum Kapuzinerberg umzubenennen.
Anlässlich des 50. Todestages von Stefan Zweig im Jahr 1992 initiierte die Stadt Salzburg im Rahmen des „Stefan Zweig Jahres“ zahlreiche Veranstaltungen und Aktivitäten, insbesondere die große Ausstellung „Stefan Zweig – ein Österreicher aus Europa“ im Schüttkasten und ein internationales Stefan-Zweig-Symposium. Damals wurde auch eine Wanderausstellung konzipiert, die fast zwanzig Jahre lang weltweit tourte und – von Amsterdam, Berlin, Frankfurt bis Sao Paulo und Washington – in rund vierzig Städten zu sehen war.
1998 erfolgte die Gründung der internationalen Stefan Zweig Gesellschaft in Salzburg, und 2008 gründete die Stadt gemeinsam mit der Universität und dem Land Salzburg das Stefan Zweig Zentrum in der Edmundsburg. Seit 2014 trägt auch die Pädagogische Hochschule Salzburg den Namen des Schriftstellers.
Im August 2016 verlegten der Künstler Gunter Demnig und das Salzburger Personenkomitee Stolpersteine vier messingfarbene Stolpersteine vor dem Haus Kapuzinerberg 5. Sie erinnern an Stefan Zweig und die von den Nazis erzwungene Flucht seiner ersten Frau Friderike Zweig-Winternitz und deren beiden Töchtern aus erster Ehe.