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Die Fußangeln von „Ghettoklassen“

HINTERGRUND / SPRACHERWERB

24/01/18 „Jede Trennung von Schulkindern mit unterschiedlichen Sprachkenntnissen beim normalen Unterricht nimmt Kindern mit Migrationshintergrund genau das, was sie am meisten brauchen: Zeit, um von deutschsprachigen Kindern – voneinander – zu lernen.“ So die Kinderfreunde Salzburg in einer Presseaussendung heute Mittwoch (24.1.).

„Es braucht intensive Förderung, keine Frage. Aber sie darf nicht auf Kosten dessen gehen, was alle Schulkinder zur Gemeinschaft verbindet“, sagen Kinderfreunde-Landesvorsitzende Cornelia Schmidjell und Landesgeschäftsführerin Vera Schlager. Reine Deutschklassen „trennen nicht nur die Kinder in verschiedene Leistungsgruppen, sondern zementieren auch den ohnehin schlechteren sozialen Status von Burschen und Mädchen mit Migrationshintergrund ein.“ Deutsch-Förderung sei wichtig, „aber sie darf keine schicksalhafte Trennung bedeuten“, so Vera Schlager.

Studien belegten, dass bessere Schüler sogar profitieren, wenn sie anderen etwas erklären. In separaten Klassen komme es in jedem Fall dazu, dass Kinder mit ähnlichem Hintergrund noch viel mehr in der jeweiligen Muttersprache kommunizieren. Deutsch werde erst recht zur Nebensache. „Aus unseren Erfahrungen mit Schulleitungen und Mentorinnen und Mentoren wissen wir: Der Schlüssel zum Spracherwerb ist sprechen, sprechen und nochmals sprechen, vor allem im Lebensalltag“, sagt Vera Schlager. Kinder, die kein deutsches Umfeld haben, müssen ein solches also zumindest in der Schule vorfinden. „Die Sprache in Fächern wie Turnen ist mit kurzen Erklärungen und vielen Kommandos weit von unserer vielfältigen Alltagssprache entfernt“, warnt Schlager.

Durch Separierung nehme man Kindern „die letzten noch verbleibenden Möglichkeiten, ihren Alltag mit der Sprache Deutsch zu erleben“, so Cornelia Schmidjell und verweist auf das Kinderfreunde-Projekt Nightingale. Dort werden Kindern mit Migrationshintergrund deutschsprachige Mentorinnen und Mentoren zur Seite gestellt und gemeinsam viel unternommen. Diese merken sofort Defizite, sogar nach den Ferien „Als wir uns nach dem September wiedersahen hat sich das Deutsch meiner Mentee Israa deutlich verschlechtert“, sagt etwa Pauline Bihari-Vass. Jetzt führen beide in Teamarbeit ein Tagebuch in Deutsch – die „Fremdsprache“ wird nun sogar unter den Geschwistern gesprochen.

Vera Schlager: „Alle an Nightingale als Mentor oder Mentorin Teilnehmenden berichten, dass die Kids zuerst kurz angebunden sind und nur mit „Ja“ oder „Nein“ antworten. Erst wenn Vertrauen aufgebaut, ein gemeinsamer Alltag geschaffen wurde, kommt es zu Unterhaltungen und damit einem viel intensiveren Spracherwerb.“

Deshalb argumentieren die Kinderfreunde: Es brauche keine eigenen Deutschklassen – „auch nicht teilweise“. Nur ein gemeinsamer Unterricht und ergänzende individuelle oder Gruppenförderung schaffe Teilnahme, Freundschaften und Gemeinschaft. „Wenn nur in Musik, Turnen und Werken zusammen unterrichtet wird, dann ist die Trennung der Kinder eine ´Ghettoklasse´ im Schafspelz“, so Cornelia Schmidjell in einem zwar schiefen, aber anschaulichen Sprachbild. (Kinderfreunde/dpk-krie)

 

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