Künstlereileben statt Greißlersterben
KOMMENTAR
Von Reinhard Kriechbaum
22/05/15 „die künstlerei“. Wem beim Namen des alt-neuen Lungauer Kulturhauses das Wort „Greißlerei“ einfällt, liegt so falsch nicht. Bei einem solchen regionalen Kulturzentrum geht es ja ganz elementar um die Basisversorgung. Beim Greißler, als es einen solchen noch gab in jedem Ort, hat man alles bekommen, was man zum Leben brauchte. Und man konnte sich drauf verlassen.
Die Landespolitik betreibt gerade Liebesentzug gegenüber den Großeinkaufszentren und will dezidiert die Ortskerne wieder attraktiver machen will. Auch eine „künstlerei“ am Ort ist ein Signal in die richtige Richtung. Dass das Wort „Greißlerei“ über die Jahrzehnte einen despektierlichen Beigeschmack bekommen hat, ist ja nicht die Schuld der regionalen Kleingewerbetreibenden. In diesem Sinn zeugt die Namensgebung für lokal/regionales Selbstbewusstsein.
Solches Selbstbewusstsein tut gut und gehört nach Kräften aufgemöbelt. Denn immer noch ist der Lungau ob seiner geographischen Lage eine mehr als problematische Region, wirtschaftlich und kulturell. Die Kolleginnen und Kollegen in Seekirchen feiern gerade das zehnjährige Bestehen ihres „Emailwerks“. Damals hatte es „Das Zentrum“ in Radstadt auch schon zu seinem Turm gebracht, das Nexus gibt es schon viel länger und das „Cineteatro“ in Neukirchen sowieso. Man hinkt im Lungau der Zeit wirklich ganz weit hinterher. An der Hartnäckigkeit der Kulturmacher liegt es absolut nicht. Dass der „Kubus 1014“ nicht und nicht realisiert wurde und die jetzige Lösung zehn Jahre auf sich warten ließ, ist Ausdruck lokalklimatischer Kleingeisterei.
Was das optische Outfit der „künstlerei“ betrifft, vergleicht man auch lieber nicht mit den anderen. Man sieht da schon auf den ersten Blick, dass im Lungau deutlich kleinere Brötchen gebacken werden als in den anderen Salzburger Bezirken. Um so mehr Respekt verdient die Lungauer Kulturvereinigung: ambitioniert, kreativ – und bei allem zwergenhaften Alltags-Tort hinter den sieben Bergen schier unermüdlich hartnäckig.
Was für die Ortskern-Wiederbelebung gilt, ist in der Kultur übrigens nicht anders: Dem Greißlersterben ist nur zu begegnen, indem möglichst viele den Nahversorger auch wirklich nutzen. Deshalb ist der „künstlerei“ aquch viel, viel Kundenzustrom zu wünschen.