Nimm zwei, zahl eine für die Wiener Philharmoniker
KOMMENTAR
Von Reinhard Kriechbaum
03/08/14 Dürfen’s für heute Abend noch Karten sein? Lässt sich locker machen. Nicht mit dem hochgehaltenen Zettel „Suche Karte“ in der Hofstallgasse, nicht aus dem vorsorglich angelegten Kontingent eines tüchtigen Hotelportiers und auch nicht aus dem Rückgabe-Pool eines Kartenbüros. Es geht ganz offiziell, online oder an der Tageskasse der Festspiele.
„Don Giovanni“ im Großen Festspielhaus ist (laut Festspiel-Homepage mit Stand Sonntag 3. August Mittag) noch zu haben. „The forbidden Zone“ auf der Pernerinsel ebenso und Buchbinder mit dem ersten Konzert im Beethoven-Klaviersonatenzyklus auch noch. Nicht mal die Nachtvorstellung des „Jedermann“ ist restlos ausgebucht.
Ein Rundblick gestern Samstag (12. August) zur Mittagsstunde im Konzert der Wiener Philharmoniker im Großen Festspielhaus: Vor allem in den teureren Platzkategorien dutzendweise freie Plätze. Dabei hatte es noch in einem Mailing des Kartenbüros Polzer von Donnerstag (30.7.) im reißerischen Betreff geheißen: Nimm zwei, zahl eine für die Wiener Philharmoniker! Und das für ein Konzert am ersten August-Wochenende.
Es müssten wohl die Alarmglocken im Festspielbezirk derzeit lauter tönen als die Musik. Es gibt Karten für alle sieben noch bevorstehenden „Rosenkavalier“-Abende und kein einziger „Don Giovanni“ ist ausverkauft. Es sieht so aus, als ob wirklich erst zu Ferragosta jene schlechte Karten haben, die noch keine solchen besitzen: Da kommt bekanntermaßen Riccardo Muti und mit ihm die kleine Armee italienischer Kultur-Touristen. Erst dann sind die Festspiele heuer kartenverkaufsmäßig auf der sicheren Seite. Aber „Don Giovanni“ ist derzei sogar noch am 15. offiziell zu kriegen.
„Il Trovatore“ mit Anna Netrebko: Den gibt es wohl wirklich nur mehr auf dem Schwarzmarkt. Und „Jedermann“ ist, sofern man nicht heute noch zuschlägt, dann nur noch einmal, am 6. August, an der Festspielkasse zu bekommen.
Das System Pereira zeigt seine Früchte. Das Veranstaltungsangebot und damit die Zahl aufgelegter Karten sind gesteigert bis zum Geht-nicht-Mehr. Der Ruf Salzburgs als ein exquisites Festival, für das man sich ehzeitig um Karten umschauen muss, ist nachhaltig beschädigt. Als vor ein paar Monaten im Festspielkuratorium die Wegweiser neu aufgestellt wurden (ein deutliches Einbremsen ist angesagt), hat man den richtigen Kurs vorgegeben. Hoffentlich ist es noch nicht zu spät.
Wenn sich Slogans wie „Nimm zwei, zahl eine für die Wiener Philharmoniker“ erst mal herumsprechen, dann sind Festspieltickets bald bei Hofer oder Billa zu haben. So wie Pauschalreisen nach Antalya.