Gedenkstimmung
GLOSSE
Von Reinhard Kriechbaum
24/07/14 Pascher. Die stellt man sich als Naturburschen vor, in Lederhosen. Kraftlacken, die sich so leicht nicht von ihrem lautstarken Tun abbringen lassen. Es gibt eine Sub-Spezies, die die Lederhosen im Schrank lässt und eher auf dunkle Anzüge setzt. Und die sich ihres vorlauten Hand-Werks gar nicht so sicher ist.
Für Bruckners „Vierte“, am Mittwochabend (23.7.) mit den Wiener Philharmonikern unter Daniel Barenboim, hatten sie sich wieder zusammengerottet, die Pascher der Subspezies im Smoking. Kein Wort würde man verlieren über die aberwitzigen Applaudierer, die mit schöner Regelmäßigkeit unmittelbar in den Schlussakkord der Musik fahren. Sie gehören unterdessen zum Festspiel-Alltag. Mit der Ausweitung des Kartenangebots handelt man sich eben nicht nur Feinspitze und Connaisseurs ein.
Aber jene, die es nach der „Vierten“ besonders heftig trieben, haben dann doch die Selbstzweifel gepackt. Vielleicht doch nur ein symphonischer Trug-Schluss? Der Spontan-Beifall verebbte gleich wieder und wich der Ratlosigkeit – aber da sprang Barenboim in die Bresche und gab unmissverständlich ein Zeichen: Ist eh aus, Beifall jetzt ausdrücklich erwünscht!
Über die Applaus-Dramaturgie an diesem Abend gibt es noch mehr zu berichten: Klar, dass nach dem ersten Satz der Bruckner-Symphonie geklatscht wurde, Nach dem langsamen Satz auch noch einmal. Man ist schließlich kein Banause, der nur nach lauten Finalakkorden handgreiflich wird.
Nach der einleitenden Maurerischen Trauermusik von Mozart, hatte Barenboim besonders viel zu tun: Zeichen geben, dass sich die Philharmoniker zur Gedenkminute erheben. Weiteres, heftiges Zeichen, dass die Zuhörer mit dem Beifall einhalte. Und nochmal ein deutliches Winken in den Saal, auf dass auch das pt. Publikum seine Hintern ebenfalls in die Höhe stemme.
Das Programmheft verriet, dass das Konzert dem Andenken an Lorin Maazel gewidmet sei. In einem Interview mit Barenboim im Morgenjournal des ORF am Morgen danach hieß es, es sei eine Erinnerung an den Ausbruch des Ersten Weltkriegs gewesen und habe das Gedenken an die Opfer des gegenwärtigen Konflikts im Gaza-Streifen eingeschlossen. Den Paschern wird das wohl einerlei gewesen sein. Auch die Musiker dürften nicht so gut informiert gewesen sein, denn jene, die erst bei Reger dran waren, wollten just in der Gedenkminute ihren Pulten zustreben. Ziemlich verlegen sind sie da gestanden.