Es war und ist uns ein Winterfest
KOMMENTAR
Von Reinhard Kriechbaum
04/01/12 Wie schön man doch in Sachen Kultursubvention polemisieren könnte. Das Winterfest, Zirkus, Artistik - ist das wirklich ein Bereich, in den unser sauer verdientes Steuergeld fließen darf? Ist Georg Daxner nicht eigentlich unverschämt, wenn er für seine wunderschöne Idee "Winterfest" Stadt und Land in die Pflicht genommen wissen will?
Geld soll fließen, überhaupt keine Frage. Gerade heuer hat sich wieder gezeigt, dass Nouveau Cirque einen wundervoll poetisch-verspielten, aber auch nachhaltigen und sinnstiftenden Zugang zu überhaupt nicht trivialen Themen öffnen kann: Man nehme den schwarzen Humor der "Seven Fingers", deren eigenwillig makabrer Totentanz so manche gesellschaftliche Fragwürdigkeit aufblätterte. Oder man nehme die beiden Miniaturtheater-Preziosen von Didier André und Jean-Paul Lefeuvre, die in ihren Solo-Performances in einem Acht-Kubikmeter-Raum Ausgrenzung und Vereinsamung so einprägsam und zugleich burlesk vermittelt haben. Und erst - noch bis Sonntag (8.1.) zu sehen - der "Court Mirascles" der Gruppe "Le Boustrophédon", in dem der gigantomanische Wahnsinn von Flucht, Vertreibung quasi im Halb-Puppenformat persifliert wird.
Das alles ist Kultur in ihren Kern-Form: ein Aufrütteln, ein Bewusstmachen von bedenklichen Dingen, ein intravenös gespritzter Coctail an Nachdenklichkeit - und das ohne moralinsaures Dozieren, sondern in denkbar verführerischer, eben: circensischer Gestalt.
Was man Georg Daxners "Winterfest"-Idee auch gutschreiben muss: Er hat eine Lücke gefüllt, nicht nur jahreszeitlich, sondern vor allem inhaltlich. Nouveau Cirque ist eine Kunstform, die in Österreich vor elf Jahren (das erste Winterfest fand im Jahr 2000 statt) erst eingeführt sein wollte. Mit allergrößter Begeisterung hat sich das Publikum diese Kunstform zu eigen gemacht. Auch im elften Winterfest-Jahr gab es keine Ermüdungserscheinungen. Beim Jubiläumswinterfest 2010 hat Georg Daxner aber wohl gelernt, dass man an der Utopie-Schraube nicht beliebig drehen kann.
So sehr man dem Winterfest mehr Geld, mehr Steuergeld wünscht: Es muss übersichtlich dimensioniert bleiben, und ein gewisser Flair des Außerordentlichen muss bleiben. Nur solange sich ein jeder glücklich schätzt, wenn er Winterfest-Karten ergattert, kann es funktionieren.