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Allgemeines Architektur-Gruseln

FEUILLETON

16/03/11 Klingt schon gut, eine Kolumne mit dem Titel „Lokalpatriot“. Das suggeriert Volkes Stimme pur und unverfälscht. Damit lässt sich gut auf Leserfang gehen. Das Print-Leitmedium des Landes, die Salzburger Nachrichten, lassen neuerdings ihren Lokal-Kulturredakteur auf diese Weise ins Feld ziehen.

Von Reinhard Kriechbaum

Mit ultraschwerem Geschütz ist Heinz Bayer jüngst in zwei Folgen gegen zeitgemäßes Bauen im Land - konkret: am Ufer des Zeller Sees - aufgefahren und hat gleich auf Stammtisch-Manier wüst losgeballert. Die „Grusel-Architektur“ überziehe Salzburg „mittlerweile wie schwere Akne das Gesicht von Pubertierenden“. Warum die engagierten Menschen (solche mit gesundem Volksempfinden wohl), die zu gerne als selbsternannte Hautärzte etwas gegen diese Akne unternähmen, sich ihre Namen nicht öffentlich zu sagen getrauen, darüber schwadronniert Heinz Bayers vollmundig: „Aus Angst vor Repressalien im Ort? Aus Angst um den versprochenen Kindergartenplatz? Aus Angst, als konservativer Verhinderer abgestempelt zu werden?“

Die untergriffige Botschaft: Mit der Lobby neuen Bauens in Salzburg ist nicht zu spaßen. Sage übrigens keiner, dass es dem SN-Redakteur an Bewusstsein für die Moderne gebricht. Er führt zwei Bauwerke des Architekten Lois Welzenbacher (1889-1955) ins Treffen, die seiner Meinung nach nicht als „Störfaktor“ wirken. Im Bild oben: Das Haus Buchroithner in Zell am See ist 1930 entstanden. Gemäuer, das achtzig Jahre auf dem Buckel hat, geht, Gott sei’s gedankt, sogar bei einem Lokalpatrioten taxfdrei durch.

Die Initiative Architektur und der Fachbeirat Architektur freuen sich verständlicherweise auch so recht über den Akne-Befund: "Es gibt sie also noch die Verteidiger des rechten Brauchs und der Tugend der Heimatliebe und dank Heinz Bayer haben sie eine lokalpatriotische Stimme.“ Nicht nur der Fachbeirat Architektur fragt sich: „Wo war sein Organ als mit maßstabssprengenden Bettenburgen ganze Talschaften zerstört wurden? War er nie in Hinterglemm oder in Obertauern oder hält er den verlogenen Alpinkitsch und den ganzen Bau-Jodel-Wahnsinn für den Ausdruck authentischer Volkskultur? Solange er dazu schweigt, ist davon auszugehen.“

Bayer zündle und gefalle sich in der Rolle des Brandstifters“, findet der Fachbeirat Architektur nicht ganz zu unrecht. Dass sich der Journalist recht hemdsärmelig ausgerechnet auf Lois Welzenbacher beruft, sei „blanker Hohn“. „Es war genau dieser Un-Geist, der Architekten wie Lois Welzenbacher oder Ernst A. Plischke in die Emigration trieb. Sie galten als ‚Störfaktoren‘. Welzenbacher ist in der inneren Emigration psychisch zerbrochen. Er konnte nach 1945 nie mehr an seine Leistungen aus der Zwischenkriegszeit anknüpfen. Plischke hat in Neuseeland überlebt. Nach seiner späten Rückkehr aus dem Exil hat er zu seinem berühmten Haus am Attersee immer wieder gesagt, dass dieses unter den gegenwärtigen Umständen nie mehr genehmigt werden würde.“

Bild: www.nextroom.at

 

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