Da funkeln auch die Nachtstücke
RESIDENZGALERIE / DIE GANZE PRACHT
25/03/10 Dürfen wir glauben, dass wir die Bestände der Residenzgalerie - es sind rund dreihundert Gemälde - ohnedies in- und auswendig kennen und wir alles Wichtige und Wertvolle schon oft gesehen haben? "Die ganze Pracht" heißt die neue Schau in den wiedereröffneten Räumen.
Von Reinhard Kriechbaum
Das Porträt einer betenden alten Frau vom jungen Rembrandt gehört freilich zu den Kostbarkeiten. Das Eigenwillige ist, dass es auf eine vergoldete Metallplatte gemalt wurde - und genau das macht dieses Werk so kostbar, denn es gibt nur noch zwei vergleichbare Bilder von Rembrandt. Als man es in den siebziger Jahren erworben hat, galt es noch gar nicht als das teuerste Stück der Sammlung Czernin.
Auch die "Soldaten bei Nacht" von Leonhard Bramer sind nicht einfach auf Holz gemalt. In diesem Fall gibt eine Schieferplatte den originellen Untergrund ab. Dieses kleine Werk von dem Niederländer (1596-1674) ist ein Nachtstück, das man in den vergangenen jahren nicht zu sehen bekam.
Auch die "Fassbinderwerkstätte" von Georg Gillis Haanen zeigt uns eine Szene in Mondbeleuchtung. In einem großen Feuer werden die Eisenringe erhitzt, die dann die Dauben zusammenzwängen. Eine nicht minder lebensnahe Szene: Wäscherinnen in einer Höhle von Bartholomeus Breenbergh.
"Die ganze Pracht" der Residenzgalerie kommt nicht unbedingt quadratmeterweise daher. Es lohnen die neugierigen Blicke aufs Kleine. 1998 hat man zuletzt einen repräsentativen Querschnitt durch die eigene Sammlung gezeigt. Jetzt hat Erika Öhring als Kuratorin die Bilder nach Themen geordnet. Da sind Architekturphantasien ein Thema, die barocke Lebenslust begegnet uns ebenso in einem Raum wie in einem anderen "Bilder des Alltags". Erzählungen aus der Mythologie, Bibelgeschichten, Landschaften und Stillleben, natürlich auch die Porträtmalerei ergeben anschauliche Werkgruppierungen.
Die Residenzgalerie braucht ihre Bestände also keineswegs zu verstecken, und das tut sie auch nicht. Eigentlicher Anlass der Schau ist nämlich die Arbeit an einem Gesamtkatalog der Gemälde, der im Juli in zwei Bänden erscheinen soll (verbunden mit einer genauen Geschichte der Sammlung).
Was war nun das wirklich teuerste Bild seinerzeit? Es war die kleine Szene "Viehaustrieb am Morgen" von Paulus Potters, die einst um die 13 Millionen Schilling gekostet hat. Zum Vergleich, wie die Preise für Alte Meister hinaufgeschnellt sind: Der Rembrandt (der übrigens jetzt eine neue Panzerglas-Hülle bekommen hat) ist auf 15 Millionen Euro versichert. Den realen Marktwert kann man gar nicht angeben, weil dergleichen ja nie in den Verkauf kommt.