Schluss mit lustig
MUSEUM DER MODERNE / JAHRESPROGRAMM 2014
13/12/13 Jetzt wird umgerührt. Sabine Breitwieser, seit September Direktorin auf dem Mönchsberg, ortet ihr Haus bisher in einer „Komfortzone“. Sie möchte die Besucherinnen und Besucher „aus alten Blickwinkeln und Denkmustern herauslocken“. Das MdM solle „endlich ein wichtiger Player im internationalen Ausstellungs- und Museumsgeschehen werden“.
Von Heidemarie Klabacher
„Ich werde das Museum künftig verstärkt der Kunst von Frauen sowie einer Vielfalt von Medien und Regionen öffnen. Das MdM Salzburg soll durch eine Schärfung des Profils und durch den Ausbau der Sammlung in der internationalen Ausstellungs- und Museumslandschaft künftig eine wichtige Rolle spielen. Wichtige Aufgaben kommen auf mich und das Team zu“, sagte Sabine Breitwieser heute Freitag (13.12.) bei der Präsentation ihres Jahresprogramms, ihrer Pläne und Ziele. Sabine Breitwieser hat ihre Stelle als Direktorin des Museum der Moderne Salzburg mit September 2013 angetreten und war heute erstmals bei einer Pressekonferenz anwesend. Sie wolle nicht nur ein attraktives Ausstellungsprogramm konzipieren, sondern sich vor allem auch „drängenden Fragen zur Rolle von Kunstmuseen im nationalen wie internationalen Kontext stellen“.
Dieser internationale Kontext (andere Museen?) werde von einem „Wettbewerb der großen, ressourcenstarken Institutionen dominiert“, weiß die neue Direktorin, die nicht müde wird zu betonen, für Salzburg „einen spannenden Job an einem der wichtigsten Museen der Welt in einer nicht weniger bedeutenden und dynamischen Stadt aufgegeben zu haben“. Dass aber sogar in Salzburg nicht nur tote Hose herrscht, weiß die neue Direktorin auch schon schon: „Musikfestspiele finden nicht nur im Sommer, sondern inzwischen auch im Januar (Mozartwoche) und im Frühling (Osterfestspiele statt“, erklärt sie in ihrem Essay „Auf neuen Wegen“ den Salzburger Journalisten. „Die Vorteile kleinerer, jedoch weitaus wendiger agierender Museen müssen jedenfalls besser zur Geltung gebracht werden.“
Kunstmuseen seien Orte „an denen unsere Geschichte anhand von Artefakten geschrieben wird“. Museen im Allgemeinen müssten daher forschen und nachhaltige Projekte generieren, das MdM im Besonderen müsse sich der Frage stellen, „was für die nachfolgenden Generationen aufbewahrt und welche gesellschaftlichen Themen – artikuliert über Kunstwerke in unseren Ausstellungsräumen und Sammlungen – vermittelt werden sollen“.
Die erste von der neuen Direktorin verantwortete Ausstellung gilt ab März 2014 Ana Mendieta, „einer der bedeutendsten und einflussreichsten Künstlerinnen unserer Zeit“. Ana Mendieta wurde 1948 in Kuba geboren und mit zwölf Jahren gemeinsam mit ihrer Schwester in die USA geschickt. Sie starb 1985, mit erst 36 Jahren, in New York. „Unter Einsatz ihres eigenen Körpers in Verbindung mit elementaren Materialien wie Blut, Feuer, Erde und Wasser kreiert sie ‚Körperbilder’ und vergängliche ‚Erdkörper’-Skulpturen. Mendieta lotet Themenkomplexe wie Leben und Tod, Wiedergeburt und spirituelle Transformation aus.“ Ihr bahnbrechendes Werk sei, so Sabine Breitwieser, in großen Retrospektiven in den USA und Europa gewürdigt worden und in Sammlungen wichtiger Museen vertreten. Das MdM zeigt unter dem Titel Ana Mendieta. Traces die im deutschsprachigen Raum erste große Werkschau.
Parallel dazu wird es eine „konzentrierte Schau von Werken aus dem Umfeld des Wiener Aktionismus“ geben mit Werken überwiegend aus eigenem Bestand. Was Breitwieser mit diesen Ausstellungen demonstrieren will: „Wie gesellschaftliche Umbrüche Fragen der Identität, zum Verhältnis von Körper und Umfeld aufwerfen und sich in radikalen künstlerischen Entwürfen durch den Einsatz des eigenen Körpers artikulieren.“
Gleich mehrere (künstlerische) Antworten auf die Frage, wie und mit welchen Mitteln Geschichte kommentiert und verfasst wird und welche Institutionen dazu legitimiert sind, will Sabine Breitwieser in der Themenausstellung „Kunst-Geschichten“ ab Juli 2014 gegeben. Anhand von Werken aus Salzburgs Sammlungen „im Verbund mit hochkarätigen Leihgaben und neuen Produktionen“ werde „eine Diskussion über lokale Erzählungen im Dialog mit internationalen Anliegen zur Thematik eröffnet“, so Breitwieser. Werke aus dem 16. Jahrhundert werden ebenso zu sehen sein, wie Arbeiten aus der Gegenwart.
Auch dazu wird es eine Parallelausstellung geben: die erste Retrospektive der „Bewegungskünstlerin“ Simone Forti, die 1934 zwar in Florenz geboren wurde, aber schon als Fünfjährige mit ihren Eltern in die USA übersiedelte und heute in Los Angeles lebt. Simone Forti gilt – etwa mit ihren „Dance Constructions“ - aus den frühen Sechzigerjahren als Schlüsselfigur des postmodernen Tanzes und Wegbereiterin der Minimal Art. Ihr Schaffen habe in den letzten Jahren international reges Interesse erregt und soll im Rahmen eines Forschungsprojekts des MdM in Salzburg erstmals kunstwissenschaftlich aufgearbeitet werden, kündigt Sabine Breitwieser an.
Künstlerinnen sollen im Mittelpunkt, das Museums für Retrospektiven von Künstlerinnen offen stehen. Angestrebt wird die „Revidierung bestehender exklusiver Kanonisierungen“ („Do Women STILL Have to be Naked to Get Into the Met. Museum?“, fragen ja auch die Guerilla Girls noch immer; Anm.). Dazu dient im Herbst/Winter 2014/15 eine Schau mit Arbeiten der Medienkünstlerin und Experimentalfilmemacherin Lynn Hershman Leeson, die vom MdM gemeinsam mit dem ZKM Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe geplant wird. „Die Ausstellung wird zum ersten Mal ihr einflussreiches Schaffen in einer umfangreichen Schau präsentieren, in der auch bisher nie gezeigte Werke und eine neue Auftragsarbeit zu sehen sein werden.“
Ein bisserl was hat das MdM aber auch in seiner Sammlung. „Rund 70.000 Werke, mit einem Schwerpunkt auf Druckgrafik und Fotografie, wobei die hauseigenen Bestände durch Dauerleihgaben aus der Österreichischen Fotogalerie, der Sammlung FOTOGRAFIS Bank Austria und der Sammlung MAP bereichert werden“, weiß die neue Direktorin. Ab Frühjahr 2014 werde auf der Ebene 2 des MdM Mönchsberg eine rotierende Schausammlung eingerichtet, so Sabine Breitwieser.
Jedenfalls werde sich das Museum der Moderne aus seiner „Komfortzone“ herausbewegen. Mit dem neuen Ausstellungsprogramm und den Plänen für das Museum wolle man die Besucherinnen und Besucher aus alten Blickwinkeln und Denkmustern herauslocken.