Über die gefiederten Top-Models
HAUS DER NATUR / PARADIESVÖGEL
22/05/12 Wer täte sich nicht gerne gelegentlich mit fremden Federn schmücken? Damen im Fin de Siècle durften das, aber sie haben sich von Vogelschützern schon damals scheel anschauen lassen müssen. Indigenen Völkern trägt man es aber nicht nach.
Dem berühmten Naturforscher Charles Darwin bereiteten die Paradiesvögel Kopfzerbrechen, da sie mit ihrem scheinbar hinderlichen Federschmuck so gar nicht in sein Konzept der natürlichen Auslese zu passen schienen. Schon die ersten Paradiesvögel, die Anfang des 16. Jahrhunderts Europa erreichten, faszinierten Wissenschaftler, Künstler und Laien gleichermaßen. Die Einwohner ihrer Heimat – Neuguinea und die benachbarter Inseln – nannten sie „Vögel der Götter“ und erzählten sich wunderliche Dinge von den ebenso seltsamen wie schönen Tieren.
Stand zunächst auch in Europa die aus heutiger Sicht befremdlich anmutende Diskussion im Vordergrund, ob es sich um fußlose Himmelswesen handelt, so waren es später ihre Schönheit sowie Fragen der Evolutionsbiologie, die das Interesse an den prächtigen Tieren wach hielten.
Die Ausstellung „Paradiesvögel – gefiederte Top-Models und göttliche Verführer“ lässt im Haus der Natur diese Faszination spürbar werden. Lebensnah gestaltete Dschungelszenarien sowie beeindruckende Film- und Fotodokumente vermitteln dabei einen Eindruck von der Vielgestaltigkeit und Pracht der Paradiesvögel. In der „Galerie der Schönheiten" werden einige Arten näher vorgestellt und die Besucher erhalten seltene Einblicke in das wunderbare Schauspiel ihrer Balz. Wenn sie um eine Braut werben, stechen die Paradiesvögel endgültig alle anderen unserer gefiederten Freunde aus.
Seit Jahrtausenden werden Paradiesvögel von den indigenen Völkern gejagt. Die Federn finden als Schmuck, Statussymbol oder Zahlungsmittel Verwendung. Bis heute spielen sie eine große Rolle bei der Anfertigung beeindruckender Kopfschmucke, die bei festlichen Anlässen getragen werden. Paradiesvogelbälge wurden aber auch als Handelsware und Zahlungsmittel eingesetzt. So schmückt das Portrait dieser Tiere bis heute die Münzen, Geldscheine und Briefmarken Papua-Neuguineas und Indonesiens.
Um 1900 kamen Paradiesvögel in Europa als Hutschmuck in Mode. Die Damenwelt war ganz verrückt nach den Kreationen der „Haute Nature“. Die zunehmende Nachfrage führte zu deutlich steigenden Preisen und machte die Jagd so lukrativ, dass in Deutsch-Neuguinea geradezu ein „Paradiesvogelfieber“ aufkam. Schon damals formierte sich allerdings Widerstand gegen diesen Vogelmord für Modezwecke. Der 1899 in Deutschland gegründete Bund für nahm sich des Themas an und erreichte tatsächlich 1914 ein Abschussverbot, das wegen des Krieges und des daraus resultierenden Verlusts der Kolonien nie mehr aufgehoben wurde. (Haus der Natur)