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Die ganze Welt ist Bühne…

MdM MÖNCHSBERG / ROLLENBILDER

22/07/11 Einen halben Tag sollte sich jemand mindestens Zeit nehmen, um wahrzunehmen, was für die Sommer-Schau "Rollenbilder" im Mönchsbergmuseum alles zusammengetragen wurde. Es sind 410 Arbeiten von 90 Künstlern.

Von Werner Thuswaldner

altDas große Thema ist ein elementarer menschlicher Wunsch: sich zu verwandeln, die Rolle von jemand anderem anzunehmen, sich zu vervielfältigen, in eine andere Zeit zu wechseln oder persiflierend oder praraphrasierend eine markante historische Szene nachzuspielen. Hunderte Varianten sind denkbar, und die Ausstellung beschränkt sich nicht etwa auf ein paar. Man hatte den Ehrgeiz, anhand von Fotos, Videos und altInstallationen ein möglichst breites Spektrum  zu zeigen. Es gibt sogar lebende Skulpturen. So etwa stöckelte während der Vorbesichtigung das berühmte rosafarbene Paar Eva und Adele durch die Ausstellung. Ein Video zeigt sie auf Besichtigungstour durch Salzburg. Andrea Andessner, die seit vielen Jahren schon gerne das Äußere berühmter Frauen – in der Schau taucht sie als Marlene Dietrich auf -  annimmt, ist natürlich auch mit von der Partie.

altMarcel Duchamp vervielfältigte sich auf einem 1917 entstandenen Foto, das mit Hilfe von Spiegeln zustande kommen ist, selbst. Klar, dass an das englische Paar Gilbert & George erinnert wird, die schon in den sechziger Jahren (und bis heute) als lebende Kunstwerke auftreten.

Zu sehen ist auch das berühmte lachsfarbene Boudoir, das die Schweizerin Manon 1977 eingerichtet hat und in dem sie Szenen mit Dutzenden Laiendarstellern gespielt hat. Manon taucht darüber hinaus auf Fotos auf, auf denen sie als Krankenschwester, Nonne, Vamp, Mondäne usw. erscheint.

altDie Ausstellung beginnt mit Darstellungen von „lebenden Bildern“. Schon in der Goethe-Zeit hatte man Freude daran, berühmte Gemälde mit verkleideten Figuren nachzustellen. Stiche von derlei Bildern fanden große Verbreitung. Eine zeitgenössische Variante praktiziert David LaChapelle mit einem Zyklus von großformatigen Farbfotos, auf denen Szenen aus dem Leben Jesu zu sehen sind. LaChapelle versetzt Jesus in die Welt der altNew Yorker Homeboys. Die Grazer Gruppe G.R.A.M. geht von ikonenhaften Fotos aus, die sie nachstellt. Zu sehen ist etwa der vietnamesische Offizier, der aus nächster Nähe einem Gefangenen in den Kopf schießt. Der Japaner Morimura befleißigt sich ebenfalls der hohen Kunst des Nachäffens. Eines seiner Modelle wird kostümiert wie die mexikanische Malerin Frieda Kahlo auf ihren Selbstbildnissen. So wird sie von Morimura fotografiert.

Der Künstler Ming Wong geht von Viscontis Film „Tod in Venedig“ aus. In einer Szene spielt er den sterbenden Aschenbach, in einer anderen den Knaben Tadzio. Er spielt dabei mit Ähnlichkeit und Verfremdung.

altCharlotte Wolter war eine brühmte Schauspielerin am Wiener Hoftheater im ausgehenden 19. Jahrhundert. Hans Makart malte sie, und Stiche von diesem Gemälde wurden in Massenpublikationen der Zeit („Gartenlaube“) reproduziert.

Der Mann in Frauenkleidern, die Frau in Männerkleidung, der Transvestit, das sind weitere Facetten des großen Hauptthemas.

altEs ist aufschlussreich zu sehen, wie sich im Lauf der Zeit die Mittel änderten. Als sich im 19. Jahrhundert Lady Hamilton (sie war die Frau von Lord Nelson) in verschiedenen Posen Darstellen ließ, gab es die Fotografie noch nicht, und doch fanden diese „Attitüden“ massenhafte Verbreitung. Die Möglichkeiten der Fotografie waren zunächst sehr bescheiden, und doch ist es eindrucksvoll zu sehen, was dennoch möglich war. Die Digitalisierung bedeutet technisch wohl einen Fortschritt, nicht immer aber künstlerisch.

Eines wird angesichts der Ausstellung klar: Dieses Thema hat viel mit der Selbstpreisgabe von Künstlern zu tun. Nicht distanziertes Arbeiten ist hier möglich, sondern höchst persönlicher Einsatz und der Mut, sich selbst preiszugeben, sind gefordert.

"Rollenbilder", bis 30. Oktober im Museum der Moderne auf dem Mönchsberg. - www.museumdermoderne.at
Bilder: MdM

 

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