Apollo mit Leibbinden
MDM RUPERTINUM / LIST / HAAS
15/04/11 „Das Erbe Pygmalions“ heißt die Fotoausstellung Herbert List, die das Rupertinum bis 10. Juni zeigt. Ergänzt wird die Schau durch eine zweite Fotoausstellung aus der Sammlung der Österreichischen Fotogalerie: „Ernst Haas. Ein fotografischer Rückblick zum 90. Geburtstag“.
Von Heidemarie Klabacher
Apollo mit Leibbinden. Blumenladen in Leipzig. Fachgeschäft für Bandagen in Elmsheim. Optikerkabinett in Paris. Photograph im Hafen von Saloniki: So sachlich die Titel, so atmosphärisch dicht und sinnlich die Fotografien von Herbert List (1903 - 1975). Und natürlich die Jünglinge - am Strand, auf Felsen, in den Sand quasi hingegossen. Manche auch in antikischer Pose. Erschütternde Zeitdokumente: Die Ruinenfotos aus München.
Das Hauptinteresse Herbert Lists gilt bis in die späten 1940er Jahre dem Stillleben. In seinen motivischen Arrangements ist er auf der Suche nach dem Magischen, und so beschreibt er die Fotografie selbst als „künstlerisches Ausdrucksmittel für die Vision der Dinge“. In seinen Schaufenster-Fotografien „konfrontiert List die Gegenstände miteinander und erzeugt daraus Assoziationsketten“.
Es seien nicht wie bei den Surrealisten wesensfremde Gegenstände die im Schaufenster aufeinandertreffen, so die Kuratorin Esther Ruelf, sondern List nutze formale Mittel, wenn er die Auslage eines Künstlerbedarfsgeschäfts als eine Art Collage zeigt, indem er das Größenverhältnis von weiblichem Torso und Muskelmann optisch verschiebt. „Das Schaufenster wird in den 1930er Jahren zum Leitmotiv der Moderne. Vor allem die Spieglungen der Großstadt, die das Innere des Schaufensters und das Äußere der Straße verbinden, werden zum beliebten Motiv für Fotografen von Berenice Abbott bis Jindrich Styrsky.“
1937 verließ List Deutschland und lebte in Paris und Athen. Kurz vor dem Einmarsch deutscher Truppen in Paris kehrte der Künstler 1941 nach München zurück. Dort entstanden vierhundert Aufnahmen, die die Ruinen-Architektur der kriegszerstörten Stadt zeigen. List fotografiert neben den beschädigten Skulpturen und Kirchen vor allem die Ruinen der klassizistischen Architektur, die zur Zeit Ludwigs I. München den Titel „Isar-Athen“ eingebracht hat.