Salzburgs Adele heißt Litzlberg
MUSEUM DER MODERNE / RESITUTION
21/04/11 Die einzige Klimt-Landschaft in der Sammlung des MdM, das berühmte Gemälde „Litzlberg am Attersee“, muss zurückgegeben werden: Die Ansprüche des Erben der 1941 enteigneten, deportierten und später ermordeten Eigentümerin Amalie Redlich sind gerechtfertigt. Das haben minutiöse Recherchen eindeutig ergeben. Wegen der „Offenheit und Sachlichkeit“ der Verhandlungen wird sich der Erbe mit einer Spende erkenntlich zeigen.
Von Heidemarie Klabacher
„Das Land Salzburg hat, im Gegensatz zu anderen Bundesländern in solchen Fällen, getan was es konnte“, so Alfred Noll, der Anwalt von Georges Jorisch. Der 83-Jährige ist der Enkel und Alleinerbe von Amalie Redlich. Noch nie habe er eine „solche Offenheit und Sachlichkeit der Diskussion erlebt“, so der Anwalt: „Direktor Toni Stoss wollte den Betroffenen sogar kennen lernen. Das war noch nirgends der Fall.“ Üblicherweise dauern solche Restitutionsverfahren Jahre, „in Salzburg waren es sechs Monate“.
Daher wolle sich der Pensionist und ehemalige Angestellte in einem Fotogeschäft in Montreal nach der Rückgabe des Gemäldes auch erkenntlich zeigen: Geplant sei, so Anwalt Noll, eine Spende von 1,3 Millionen Euro. Diese Spende werde, so Museumsdirektor Toni Stoss, in die Renovierung des Wasserturms neben dem MdM Mönchsberg fließen, der dann - nach der ermordeten ursprünglichen Besitzerin - „Amalie Redlich-Turm“ heißen soll.
Noch ist es nicht soweit. Voraussichtlich am 6. Juli wird der Landtag den Beschluss zur Restitution fassen. Dieser Beschluss wird auf dem „Selbstbindungsbeschluss der Landesregierung“ basieren: „So schmerzlich die Rückstellung dieses Gemäldes für den vom Museum der Moderne verwalteten Sammlungsbestand des Landes, aber auch insgesamt für unser Bundesland und für ganz Österreich ist, so meine ich doch, dass die Salzburger Landesregierung bei dem 2002 eingeschlagenen Weg beleiben muss, nicht Nutznießer eines verbrecherischen Regimes sein zu dürfen“, so Museumsreferent Landeshauptmann-Stellvertreter Wilfried Haslauer heute Donnerstag (21.4.) vor den Medien. „Ich habe daher veranlasst, dass die Fassung der erforderlichen Beschlüsse der Regierung und des Landtages vorbereitet wird.“
So sieht es auch Finanz- und Kulturreferent LH-Stv. David Brenner: „Hier scheint es ja eine ganz klare Beweislage und auch rechtlich einwandfrei feststellbare Erbschaftsansprüche zu geben.“ Deshalb beste eine ethische und moralische Verpflichtung zur Restitution.
Das um 1915 entstandene Gemälde "Litzlberg am Attersee" von Gustav Klimt (Öl auf Leinwand, 110 mal 110 cm) zählt zu den bekanntesten und wertvollsten Meisterwerken der Sammlung des Museum der Moderne Salzburg. Die Geschichte des Bildes konnte eindeutig recherchiert werden. Er habe sogar den Auftrag zu einer „Gegenprüfung“ gegeben, so MdM-Direktor Toni Stoss: Die Provenienzforscherin Susanne Rolinek habe alle in Frage kommenden Klimt-Landschaften überprüft, ob nicht eine andere der Beschreibung des Erben entspräche. Auch dieser Befund ist - „leider“, so Toni Stoss - eindeutig ausgefallen.
Ein "Recht" auf Rückgabe hätten Betroffene in solchen Fällen nicht, so Anwalt Noll. Eine Regierung könne sich nur entscheiden, ein solches Bild zurückzugeben - oder eben nicht. „Juristisch“ gesagt: Es bestehe zwar kein klagbarer Anspruch auf das Gemälde, aber es liegt ein Akt der Selbstbindung der Salzburger Landesregierung vor, der sich an den bundesgesetzlichen Grundlagen orientiert. „Es ist in verfassungsrechtlicher Hinsicht als ‚Selbstbindungsgesetz’ ausgestaltet und verschafft keinen Rechtsanspruch auf Restitution. Aus kompetenzrechtlichen Gründen ist der Anwendungsbereich eingeschränkt auf die österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen.“
„Anhand der Provenienzforschung und des Rechtsgutachtens von Rechtsanwalt Wolfgang Berger ist nachvollziehbar, dass es sich bei dem Gemälde ‚Litzlberg am Attersee’ von Gustav Klimt um eines jener Landschaftsgemälde handelt, die bis zu ihrer Deportation im Jahr 1941 Amalie Redlich, geb. Zuckerkandl, gehörten.“ Gutachten der Provenienzforscherinnen Ruth Pleyer und Susanne Rolinek sowie Nachforschungen vom früheren Leiter des Salzburger Landesarchives Fritz Koller hätten ergeben: Amalie Redlich hat das Gemälde aus dem Nachlass ihres Bruders Victor und ihrer Schwägerin Paula Zuckerkandl vor dem Jahr 1938 erworben. Amalie Redlich wurde im Oktober 1941 nach Polen deportiert und ermordet. Die Wohnung der deportierten Amalie Redlich wurde von der Gestapo geräumt, die Gestapo beschlagnahmte das Gemälde.
Nach 1941 wurde das Gemälde vom Salzburger Kunsthändler und Sammler Friedrich Welz erworben, der im Jahr 1944 Gustav Klimts "Litzlberg am Attersee" gegen ein Werk aus der Salzburger Landesgalerie eintauschte, worauf Klimts Gemälde von der Landesgalerie Salzburg inventarisiert wurde.
Klimt verbrachte die Sommermonate seit 1900 fast jedes Jahr am Attersee. „Zahlreiche seiner insgesamt 54 Landschaftsgemälde fanden bei diesen Aufenthalten ihre Inspiration und spiegeln die Sehnsucht des reifen Künstlers nach Ruhe und Verinnerlichung wider“, so die Kunsthistoriker. „Litzlberg am Attersee“ wurde bei der Klimt-Gedächtnisausstellung in der Wiener Secession 1928 als „verkäuflich“ bezeichnet. Der letzte schriftliche Hinweis vor dem zweiten Weltkrieg auf das Ölgemälde ist die Auflistung von Klimt-Werken in der Mappe „Gustav Klimt. Eine Nachlese“ (einleitender Text von Max Eisler, Wien 1931). Dort wird das Bild als Besitz „aus dem Nachlass Dr. Victor Zuckerkandl, Wien“ mit Abbildung angegeben. Vor 1938 erwarb Amalie Redlich das Gemälde.
Ein weiteres Bild aus den Beständen des MdM, das zur Restitution ansteht: „Jeanne Pontillon à la capeline“ von Berthe Morisot. Ein ebenfalls erhobener Anspruch auf ein Bild von Emil Nolde sei nicht gerechtfertigt, heißt es.