Der alte Hunderter, ja richtig!
SALZBURG MUSEUM / ANGELIKA KAUFFMANN
17/11/10 Angelika Kaufmanns Konterfei zierte eins diese Schilling-Banknote. Das war ein posthumer Gipfel-Erfolg einer Künstlerin, die konkret so gut wie nichts mit Österreich zu tun hatte. Ihr gilt eine große Schau in der Kunsthalle des Salzburg Museums.
Von Reinhard Kriechbaum
„Eine trefliche, zarte, kluge Frau“ traf Goethe bei einem Rom-Besuch. Herder war auch bei ihr zu Besuch wie so gut wie alle Prominenz, die sich in Rom damals die Ehre gab. Angelika Kaufmann, 1741 im schweizerischen Chur geboren, hatte als junges Mädchen gemeinsam mit ihrem Vater die Kirche in Schwarzenberg im Bregenzerwald malerisch ausgestattet (die einzige Linie eigentlich zu Vorarlberg und Österreich). Bald hat sie es in London zu Ruhm gebracht, und in späteren Jahren war sie in Rom nicht weniger gefragt als Schöpferin von Porträts und Historiengemälden. Sie arbeitete mit Kupferstechern zusammen, die ihre Ölbilder flugs reproduzierten und als Massenware vertrieben. Und sogar Porzellanmaler haben ihre Bildmotive gern aufgegriffen.
Angelika Kaufmann – fleißig, produktiv, handwerklich perfekt und im Gegensatz zu manchem biederen Zeitgenossen eine höchst lebendige Bild-Erfinderin – war sich ihres Werts bewusst. Sie verkaufte sich blendend und spielte virtuos auf der Orgel des Kunstmarkts. Ein frühes Selbstporträt zeigt sie aber nicht deshalb mit einem Notenblatt. Sie war eine Doppelbegabung und hätte vielleicht auch als Sängerin reüssieren können.
Ein ansehnliches Konvolut des riesigen Werks befindet sich im Vorarlberger Landesmuseum – und weil dieses gerade neu gebaut wird, kommt das Salzburg Museum in den Genuss dieser illustrativen Schau. Mancher Regisseur könnte sich aus den Historienbildern Angelika Kaufmanns Ideen ziehen. Die Figuren gestikulieren lebendig, sie wirken in Bewegung und in erregendem Gemütszustand eingefangen. Auch wenn uns die Mythen fremd geworden sind – die Emotion ist greifbar und nahe. Nach Preisliste (eine in französischer Sprache ist ausgestellt) hat die Malerin ihre Werke verkauft. Den üblichen Auftraggebern der Epoche, Hof und Kirche, konnte sie sich selbstbewusst entziehen. Auf ein Angebot, Hofmalerin in Neapel (bei einer Tochter Maria Theresias) zu werden, konterte sie selbstbewusst: „Möge der Himmel mir meine Freiheit erhalten.“
Nach Salzburg passt Angelika Kaufmann wie der Katalog-Autor und Direktor des Vorarlberger Landesmuseums, Tobias Natter, erklärt, nicht nur, weil sich ihre Lebensdaten (1741-1807) mit jenen von Mozart überschneiden. „Beide waren Wunderkinder, beide hatten überaus ehrgeizige Väter.“ Angelika Kaufmann hatte im Gegensatz zu Nannerl das Glück, keinen genialen Bruder als innerfamiliären Konkurrenten zu haben. Für den Prototyp „verkanntes Frauen-Genie“ eignet sich die Erfolgreiche nicht. Dass sie schließlich auf dem Schilling-Hunderter gelandet ist, mag aber trotzdem mit dem Lobbyismus von Feministinnen zu tun gehabt haben.
Große Stücke hielten die Zeitgenossen auf sie, und tatsächlich unterstreicht die Salzburger Schau die außerordentliche Qualität und Produktivität. Johann Michael Sattler hat Angelika Kaufmann in einer kleinen Serie von Porträt-Medaillons in eine Reihe mit Raffael gestellt. Und der verstand etwas von Malerei.