Das Ungesehene sehen, das Geahnte festhalten
RUPERTINUM / LA MIRADA
18/11/10 Erstmals in Österreich präsentiert das Museum der Moderne Salzburg eine Auswahl von fotografischen und Video-Arbeiten aus der Daros Latinamerica Collection. „La Mirada“ heißt die Ausstellung im MdM Rupertinum.
Von Heidemarie Klabacher
Daros Latinamerica ist eine im Jahr 2000 in Zürich gegründete Sammlung zeitgenössischer mittel- und südamerikanischer Kunst der Gegenwart. Ziel der Sammlungsleiter sei es, „herausragende Werke von Künstlern Lateinamerikas zu erwerben, unabhängig von der nationalen Zugehörigkeit des Künstlers oder den Vorgaben gängiger Galeriestrategien“, so die Kuratorin Margit Zuckriegl.
Dabei geht es nicht um den Aufbau einer musealen Sammlung. Die Initiative versteht sich vielmehr als Partner für Künstler, Institutionen und Vermittler. Daros Latinamerica ist nun mit einer repräsentativen Auswahl aus den über tausend Werke umfassenden Beständen mit
Schwergewicht auf Fotografie und Video zu Gast im MdM Rupertinum. Über alle Etagen werden hundert Fotografien und 15 Videoarbeiten von 22 Künstleren und Künstlern gezeigt. Sie alle widmen sich unterschiedlichen Zugängen und technischen Formaten: „Das Spektrum reicht dabei von der dokumentarischen Bildsprache bis zur sozialkritischen Recherche, von fantastischen Inszenierungen bis zur subjektivistischen Selbstbefragung“. Dadurch eröffne sich eine „Sicht auf Lateinamerika als Kunstregion in einem globalen Netzwerk künstlerischer Produktion und Reflexion“, so Margit Zuckriegl.
Das Unauslotbare uralter Überlieferungen und Traditionen spielt vor allem in den Arbeiten von Mario Cravo Neto oder Luis González Palma eine Rolle. „Dort, wo Visionen und Geistwesen spürbar sind, finden sie auch Eingang in bildliche Welten, sind Bann und Fetisch, Abwehrzauber und Symbol, Teil einer Gesellschaft und ihrer kulturellen Praxen.“
Der zweite Teil der Ausstellung umfasst gesellschaftskritische Werke, in denen sich die Künstlerinnen und Künstler mit Vehemenz gegen zivilisatorische Übergriffe und Politwillkür auflehnen.
Diese Willkür sei heute noch als Erbe von jahrzehntelangen diktatorischen Regimes spürbar und in denen die Rechte des Individuums grob missachtet worden sind. In diese Gruppe gehören etwa die Arbeiten von Ana Mendieta oder von Regina José Galindo mit ihren feministischen Themen. Ironisch-zynisch in den Blick genommen werden oft auch „sehnsuchtsvolle Amerikanismen“, etwa in den Fotos von Marcos López oder im skurrilen Video von Martín Sastre.
Der dritte Teil der Ausstellung im Rupertinum widmet sich streng konzeptuell angelegten Arbeiten, „in denen global relevante Fragen zur Kunstproduktion, zur Zeitlichkeit des Existenziellen und zur Irritation durch künstlerische Interventionen gestellt werden.