Malerei ist wie ein Gedicht
GALERIE IM TRAKLHAUS / OLIVIA KAISER
15/03/16 „Malerei ist wie ein Gedicht. Man muss sich selbst was dazu überlegen.“ Die junge Künstlerin Olivia Kaiser überzeugt: In der persönlichen Begegnung mit Humor, Bildung und einem selbstbewussten Bekenntnis zur Malerei. Und in eben dieser Malerei mit subtiler, durchaus abstrakter, aber anschaulicher Erzählung.
Von Heidemarie Klabacher
„Ghosting“ nennt es die Sozialwissenschaft, wenn der Mann – es ist meist der Mann – auf Nimmerwiedersehen Zigaretten kaufen geht. Die Malerin Olivia Kaiser gestaltet kreativ die Leer-Räume in denen sich die Verlassenen wieder- und zurecht finden müssen. Die Galerie im Traklhaus widmet Olivia Kaiser im Rahmen eines Kooperationsprogramms eine ihrer raren Einzelausstellungen.
„Jemand geht. Wortlos. Es bleiben nicht nur leere Räume in der Wohnung oder im Kleiderschrank. Es bleiben auch nicht nur leere Räume der Ohnmacht in der Kommunikation und im Postkasten, sondern heute auch auf Facebook, Instagram oder sonstigen Netzwerken“, schildert Olivia Kaiser ihren Ansatz im Gespräch mit DrehPunktKultur. „Wie kann ich dieses Thema – den horror vacui - in der Malerei verhandeln?“ Also genau das, was bleibt, wenn sich jemand, mit dem man ständig in Kontakt war, zurückzieht, nicht mehr auf E-Mails antwortet oder das Telefon abhebt.
„Ghosting gab es schon immer. Seit dem Internetzeitalter, in unserer heutigen elektronischen Gesellschaft passiert es jedoch häufiger und hinterlässt bei betroffenen Personen oft ein Gefühl der starken Verunsicherung.“ Diesen „geisterhaften Eindruck von Elementen, die nicht mehr da, aber auch noch nicht ganz weg sind“, wollte sie spürbar machen.
Was die Betrachterin dabei spürt, ist – seltsamerweise – vor allem Optimismus. Das sind keineswegs dustere, von Depression oder Schlimmerem, geprägte Räume, in die man schreitet, wenn man Olivia Kaisers Gemälde auf sich wirken lässt. Mehr als einzelne „schwarze“ Flecken, und diese meist gut integriert in fein ausbalancierte „farbige“ Arrangements, „erzählen“ keineswegs von aussichtslosen Grenzsituationen.
Malerei sollte es sein, sagt Olivia Kaiser. Das Thema etwa der „Figur“ in der Malerei des 20. Jahrhundert habe sie schon immer stark beschäftigt. „Viele haben Angst vor dem Figürlichen, vor der Narration.“ Warum eigentlich? Gibt es dazu eigentlich Symposien, Tagungen oder Anthologien? Wenn nicht, sollte Olivia Kaiser eine der Hauptreferentinnen oder Autorinnen der Mission-Statements sein. Die oft gut verborgenen Figuren in ihren Arbeiten erzählen spannende und spannungsvolle Geschichten.
Fünfzig Bilder innerhalb eines Jahres hat sie für die „Halle für Kunst & Medien“ des Grazer Künstlerhauses geschaffen. „Soviel war nötig, um diesen Raum zu bewältigen“, sagt Kaiser. In Graz waren ihre Arbeiten bis Ende Jänner zu sehen. Im Rahmen des Kooperations-Programmes, das vom Traklhaus alle drei Jahre ausgeschrieben wird, macht nun quasi ein Auszug davon, in der - natürlich räumlich kleineren - Galerie im Traklhaus Station. Weniger Bilder sind deswegen nicht weniger eindrücklich. Doch erst, wenn man die Katalog dokumentierten Arbeiten als Ganzes betrachtet, fallen die oft kleinen und kleinsten Figuren (oder Teile davon) als Leitmotiv auf. Galerieleiterin Dietgard Grimmer freut sich besonders darüber, „auch wieder einmal eine einzelne Künstlerin präsentieren zu können“. Ein repräsentativer zweisprachiger Katalog konnte im Zuge der Kooperation ebenfalls gemacht werden. Fein für die Künstlerin, die was zum Herzeigen hat. Noch feiner für die Betrachter, die was zum Nachstudieren haben.