Med ana rotn dintn
GALERIE RUZICSKA / BRIGITTE KOWANZ
02/04/10 „Speechbubbles“ nennt sie selber, was wir ganz frech „Tintenkleckse“ nennen. Brigitte Kowanz setzt neuerdings kräftige Farbflecke ins Zentrum ihrer filigranen Skulpturen aus Licht und Schrift - diese werden damit vielschichtiger und changierender denn je.
Von Heidemarie Klabacher
Tintenklecks. Das erste Glied der Assoziationskette führt auch schon ins Zentrum. Dabei ist das gar nicht einmal besonders frei assoziiert. Stehen Schreiben und Schrift doch seit jeher im Zentrum des Schaffens von Brigitte Kowanz. Und was ist nahe liegender, als die gedankliche Verbindung von „Schreiben und Schrift“ mit „Tinte und Feder“ und damit auch schon mit „Tintenklecks“.
Es sind freilich nicht irgendwelche aus widerwilliger Feder auf Papier gespitzte, ins Dramatische vergrößerte und blutrot oder tiefblau lackierte Patzer. Brigitte Kovanz hat kurze Texte im Kreis geschrieben. Dann hat sie den von der Schrift umgrenzten Binnenraum quasi mit Farbe ausgegossen und den eigentlichen Schriftzug dazu hat sie - leicht verdreht - darüber montiert. „Light up“ heißt die Installation aus Neon, LED-Licht, und rot lackiertem Holz.
Eine besonders faszinierende Arbeit ist „Just make Sense“: die Lichttechnik quasi im Hintergrund des tiefblauen Zentrums führt zu einem Pulsieren im Auge des Betrachters - das die imaginäre Schrift zum Leben erweckt. Im Falle der blauen Skulptur ist der handschriftlich geschriebene Text, der auch hier der Arbeit zu Grunde liegt, natürlich nicht mehr zu dechiffrieren. Auch nicht bei „Lateral Thinking“, wo die mit Farbe ausgefüllten Schlingen von „e“ oder „l“ jeweils zum „Haupt-Fleck“ zusätzliche kleine blaue oder gelbe Farbspritzer ergeben. Das sind natürlich „Lesehilfen“ - aber die Schrift wahrt dennoch ihr Geheimnis.
Das ist das Reizvolle an diesen neuen Arbeiten von Brigitte Kovanz. Wenn auch der eigentliche Schriftzug vorhanden ist, wie eben bei „Light up“, fällt das Dechiffrieren schon vergleichsweise leicht. Die Vielschichtigkeit des Innen- und Außenlebens eines Schriftzuges bleibt dennoch gewahrt. Man mag gar nicht mehr wegschauen von diesen kräftigen, geradezu hypnotisierenden Kryptogrammen, die alle Lösungshilfen in sich tragen und doch so verschlossen sind.
Die Galerie Nikolaus Ruzicska präsentieren drei Werkgruppen, die auf unterschiedliche Weise mit Sprache und Licht arbeiten. Auch Vitrinen und frei im Raum stehende Kuben aus Spiegelglas mit Schriftzügen sind wieder zu sehen. Auch hier übt die Spiegelung der Spiegelung eine ungeheure Sogkraft auf den Betrachter aus.
„Between The Lines“ heißt das Zahlen- und Buchstabenrätsel aus Neonschrift vor Spiegelglas, „Abwesenheit“ der Ausdruck von Leere zwischen zwei Klammern. Auch diese kleineren „klassischen“ Kovanz-Arbeiten faszinieren wie eh.
„Das Licht der Zeichen und Codes wird in die Tiefe gelenkt und ist raumbildendes Element und Informationsträger gleichzeitig. … Der Spiegel trennt und verbindet fiktiven und realen Raum, Grenzen lösen sich auf, Möglichkeitsräume und Experimentierfelder entstehen und bilden Übergänge vom Faktischen zum Möglichen. Die Skulptur löst sich in Prozesse auf und bildet ein transmediales Netzwerk“, sagt Brigitte Kowanz.
Das Wiener MUMOK ehrt Brigitte Kowanz von Juni bis Oktober 2010 mit einer großen Retrospektive. Im vergangenen Jahr wurde sie mit dem Großen Österreichischen Staatspreis 2009 ausgezeichnet.