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Besser vogelfrei als vernagelt

GALERIE MAURONER / ALFRED HABERPOINTNER

01/04/10 Seine Köpfe gehören zu den Konstanten im bildnerischen Gestalten. Man weiß augenblicklich, dass man eine Bildhauerei von Alfred Haberpointner vor sich hat.

Von Reinhard Kriechbaum

Ist der Kopf nun jener Körperteil, der die Physiognomie erst unverwechselbar macht, der dem Gegenüber unmittelbar das eigentliche Ich deutlich macht? So individuell sich Alfred Haberpointner diesem seinen Lieblingsmotiv annähert, so beharrlich verweigert er sich dem angeblich so edlen Körperteil als personeller "Head Line" (so heißt die Ausstellung in der Galerie Mauroner Contemporary Art/Academia). So vielgestaltig Haberpointners "Köpfe" uns auch gegenübertreten - es fehlt ihnen das Gesicht. Aus welchem Material sie sind, welche bildhauerischen Entstehungsprozesse auch bei der Genese mitgewirkt haben - die Köpfe wirken mit ihren leicht birnenförmigen Silhouetten, als ob sie einer jener Holzfiguren abgenommen wären, die Zeichen-Schüler gerne zum Einüben von Körperproportionen oder Bewegungsdarstellungen verwenden.

Und doch stehen da einprägsame Häupter in der Galerie Mauroner: Wenn Haberpointner die Grundform, die er immer und immer wieder variiert, mit Parallelen Schnitten versieht, so dass die Köpfe wie scheibchenweise zusammengesetzt wirken, dann denkt man unwillkürlich an Tony Cragg - der würde die Scheibchen dann noch gegeneinander verdrehen. Aber auf solche Form-Varianten kommt es Haberpointner gar nicht an. Er fordert uns auf, dass wir über die Inhalte der immer ähnlichen Hülle nachdenken. Deshalb schafft er Kopf-Gruppen, die Varianten der gleichen Idee bieten. Da kann also ein weißer Holzkopf einmal an der Rückseite, dann an der Oberseite Brandspuren tragen. Oder es entstehen formal strenge Serien, wie jene im Kellergewölbe: acht idente Köpfe, aber ein jeder hat einen Einschnitt mehr. So konzeptionell, schematisch - und so fantasiereich!

Lachen muss man bei einem Kopf, den Alfred Haberpointner aus gekrümmten Nägeln zusammengeschweißt hat. Da sitzt ein kleines buntes Vögelchen drin, und der Kopf wirkt wie ein menschlicher Vogelbauer. Nichts zu lachen haben jene Hohl-Köpfe, die der Bildhauer mit Nägeln malträtiert. Besser vogelfrei als vernagelt...

Aber nicht alles ist verkopft in der gegenwärtigen Ausstellung: Starke Suggestionskraft geht von Haberpointners Papierarbeiten aus. Große Formate bearbeitet er ziemlich brutal. Da wird gerieben, gekratzt, zusammengeschoben, eingerissen. "Verwundetes" Büttenpapier, möchte man sagen. Aber auch da ist Haberpointner nie hemmungslos eruptiv, er geht stets mit einem Ziel ran. Die Ergebnisse wirken formal klar. Mit diesen gelegentlich auch mit anderen Farben unterlegten blütenweißen Papierbildern bewegt sich Haberpointner im Grenzbereich zum Relief.

Bis 30. April in der Galerie Mario Mauroner Contemporary Art, Salzburg - www.galerie-mam.com
Bilder: www.galerie-mam.com

 

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