Seh- und Denkweisen irritieren
GALERIE IM TRAKLHAUS / SALZBURG-LUXEMBURG III
15/01/15 Schwungvolle dramatische Pinselstriche, die sich bei genauem Hinsehen als unzählige akribische Bleistiftstriche entpuppen. Scherenschnittartige Gemüse-Tableaus. Eine junge Dame am Klavier wie eine höhere Tochter von einst, unterläuft alle sozialen Klischees. Genau, wie die aufgestapelten Kleidchen...
Von Heidemarie Klabacher
So unterschiedlich die Ansätze der Künstlerinnen und Künstler zu sein scheinen, die in der Schau „Salzburg - Luxemburg III“ in der Galerie im Traklhaus präsentiert werden, so klar sprechen sie eine gemeinsame Sprache: Befindlichkeiten des Menschen werden in den Blick genommen und mit unterschiedlichsten Materialien und Techniken kommentiert.
Die bei der Pressepräsentation heute Donnerstag (15.1.) im Traklhaus anwesenden Künstlerinnen und Künstler aus Salzburg und Luxemburg bestätigten den Eindruck: „Wir sprechen über die selben Themen“, sagte etwa Sarah Pichlkostner. Die Salzburgerin lebt zurzeit in Amsterdam, sie zeigt vier Arbeiten aus Gips und vier Millimeter dickem Glas.
„Das ist das schöne an diesem Konzept“, sagt dazu Dietgard Grimmer, die Leiterin der Galerie im Traklhaus. „Es geht darum, nicht nur die Arbeiten zusammen zu bringen, sondern auch die Personen. „In dieser Ausstellung dominieren Objekte, auch große, Raum-bezogene Arbeiten aus Glas, Gips und Holz. Das Gemeinsame ist die Neugierde der Künstlerinnen und Künstler, ihre Arbeit im Dialog zu anderen Werken zu präsentieren.“
Zum dritten Mal stellen Österreichsche und Luxemburgische Künstler auf Initiative der Galerie im Traklhaus gemeinsam aus. Bis 28. Februar ist die Schau in Salzburg zusehen, danach wird die Gruppenausstellung von 14. März bis 19. April in Luxemburg im Ratskeller des Cercle Cité gezeigt. „Aus den Bewerbungen für das Traklhaus-Programm, das wir 2012 ausgeschrieben haben, kommen die Österreicherinnen Petra Buchegger, Lavinia Lanner und Sarah Pichlkostner“, berichtet Dietgard Grimmer. Auf Seite Luxemburgs hat der Kurator Lucien Kayser hat zwei Künstlerinnen und einen Künstler nominiert: Sophie Jung, Vera Kox und Marco Godinho.
Was hat es nun mit den Kleidchen auf sich? Viele von uns haben noch eine Großmutter gehabt, die zur Arbeit eine meist blaue längsgemusterte Kittelschürze getragen hat. Diese Schürzen – und alles was sie vermitteln: etwa Gefühle der Geborgenheit oder des Umsorgt seins von der Mutter oder sonst einer mütterlichen weiblichen Figur - diese Schürzen sind für Petra Buchegger der Ausgangspunkt.
Aus dem Stoff, aus dem diese Arbeitschürzen bis heute erzeugt werden, hat sie ihre scheinbar so simplen Kleidchen ausgeschnitten und zu einem mehrteiligen „Objekt“ gestapelt. Von ihr sind auch die Zeichnungen, die nicht nur an Gemüse erinnern, sondern tatsächlich die fast täglichen Bio-Müll-Abfälle der Künstlerin dokumentieren. Die dritte Arbeit von Petra Buchegger ist eine 6-teilige Video-Projektion auf kleinen Monitoren in einer Reihe an der Wand. Auch hier geht es zum Teil wieder um die Kittel-Schürzen und eine ihrer Trägerinnen, eine Frau in Spanien.
Der Luxemburger Marco Godinho hat ebenfalls unterschiedliche Werke für die Ausstellung ausgewählt, etwa kleine technisch verfremdete SW-Fotografien von gefälschter „präkolumbianischer“ Keramik, die er bei einem Aufenthalt in Kolumbien in einem Kasten entdeckt hat oder ein Objekt aus Neon und Papier-Schnipseln.
Und die kräftigen Pinselstriche, die gar keine Pinselstriche sind – und somit ebenfalls Sehgewohnheiten irritieren? Seit ihrem Studium an der Akademie der Bildenden Künste in Wien zeichnet die Salzburgerin Lavinia Lanner Details aus Haar-Wellen, die durch das teils sehr große Format verfemdet werden und kaum als solche zu erkennen sind.
Und die junge Dame am Klavier? Das ist - auf großformatigem C-Print - Sophie Jung im Verlobungskleid der Mutter am Klavier des Großvaters, mit Perlenkette und Ring der Großmutter - zwei Tage bevor sie ihren ersten Heiratsantrag abgehlent hat.